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Nikolas Löbel: "Die NATO ist und bleibt ein nukleares Verteidigungsbündnis"

Rede zum Atomabkommen mit dem Iran und INF-Vertrag

Ich möchte etwas zum Antrag der Fraktion Die Linke sagen, da er mich wirklich fassungslos macht. Dieser ist eine einzige Verdrehung von Tatsachen.

Richtig ist, dass Trump den INF-Vertrag aufgekündigt hat und die Aufmerksamkeit damit auf die amerikanische Seite gezogen hat. Das war überhaupt nicht zielführend und hat die Situation unnötig aufgeheizt. Der Ball liegt jetzt bei den USA, und die aktuelle Rhetorik Trumps erfüllt uns mit großer Sorge. Doch lassen Sie in Ihrem Antrag mal wieder die Ursachen für diese Entscheidung vollkommen außer Acht: nämlich die einstimmige Feststellung aller NATO-Alliierten, dass Russland nuklear bestückbare Mittelstreckensysteme entwickelt und stationiert hat und damit den INF-Vertrag gebrochen hat.

Nun fordern Sie in Ihrem Antrag eine Rückkehr zum INF-Vertrag und – ich zitiere – „öffentlich zu erklären, dass die Bundesrepublik Deutschland unter keinen Umständen einer Stationierung neuer US-Atomwaffen auf ihrem Territorium zustimmen wird“. Mal abgesehen davon, dass das vonseiten der NATO überhaupt nicht zur Diskussion steht, stellen Sie erneut die nukleare Teilhabe Deutschlands infrage, die für uns jedoch nicht verhandelbar ist.

Sie wollen einfach nicht verstehen, dass uns dieses kategorische Nein einer Lösung nicht im Geringsten näherbringt, auch wenn wir selbst keine Stationierung solcher Waffen beabsichtigen. Im Gegenteil verschlechtert das zum einen unsere Verhandlungsposition und zum anderen das Vertrauen unserer Bündnispartner in die Bundesrepublik Deutschland.

Unsere Partner im Baltikum und auch Polen – das muss ich Ihnen hoffentlich nicht erst erklären – haben ein starkes Bedrohungsempfinden durch Russland. Einzig die Abschreckung durch das NATO-Bündnis schafft diesen Staaten relative Sicherheit. Auch wir wünschen uns keine weitere Eskalation, und auch wir wünschen uns nicht die Notwendigkeit abschreckender Waffen auf deutschem Boden. Nein, wir wollen einen neuen INF-Vertrag, der die anderen Nuklearmächte mit einschließt. Dafür setzen wir uns ein.

Sie aber haben die Realität aus dem Blick verloren: Zum aktuellen Zeitpunkt besteht aufseiten der Atommächte kein Interesse an einem neuen Abrüstungsvertrag. Es fehlt an gegenseitigem Vertrauen. Dieses wieder aufzubauen, braucht viel Zeit; Zeit für Diplomatie – aber leider auch Abschreckung.

Die NATO ist und bleibt ein nukleares Verteidigungsbündnis, auf dessen Schutz wir uns über Jahrzehnte hinweg verlassen konnten. Und das muss es – gerade jetzt – auch sein. Die Doppelstrategie der NATO, zu der wir uns bekennen, lautet: Dialog und nukleare Abschreckung. Anders können unsere Sicherheitsinteressen nicht gewahrt werden.

Sie wissen selbst, dass Russland einen Keil zwischen die USA und Europa treiben, die NATO schwächen und auch die Europäer untereinander spalten möchte. Wenn wir die Möglichkeit der nuklearen Abschreckung im Alleingang aufgäben, sprächen wir als NATO nicht mehr mit einer Stimme und spielten damit Russland in die Hände. Dies würde eine Eskalation auf europäischem Boden nur wahrscheinlicher machen, da wir uns dann auch in Europa nicht mehr aufeinander verlassen könnten. Das hat eben auch etwas mit Verlässlichkeit innerhalb der Staatengemeinschaft zu tun.

Denn: Ein kategorisches Nein zu einer Stationierung von US-Atomwaffen in Deutschland wäre nicht nur verantwortungslos. Nein, es würde die NATO, die EU und unsere Beziehungen zu unseren europäischen Nachbarn schwächen und langfristig belasten – und noch viel schlimmer: Die deutsche Position in den internationalen Beziehungen in Sachen Abrüstung würde zum Erliegen kommen. Auf einer solchen Grundlage können wir uns auch nicht mehr für Verhandlungen für Abrüstung starkmachen. Das können Sie doch nicht wollen.

Ihnen ist ja auch bekannt, dass andere Länder wie Polen schon in den Startlöchern stehen, selbst Nuklearpartner der USA zu werden, was bei einer Abkehr Deutschlands wohl in die Tat umgesetzt würde. Dass Sie die Stationierung von Atomwaffen lieber den anderen überlassen möchten, zeigt Ihre Verantwortungslosigkeit gegenüber unseren Nachbarn und Partnerstaaten.

Sie fordern selbst eine Rückkehr zu einem Nuklearabkommen zwischen den Atommächten. Das wollen auch wir. Doch Ihr Weg ist der falsche! Zu Recht wurde der Antrag im Auswärtigen Ausschuss von allen Fraktionen außer Die Linke abgelehnt.