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Michaela Noll: Was derzeit im Südsudan stattfindet, ist eine humanitäre Katastrophe unfassbaren Ausmaßes

Rede zum Bundeswehreinsatz in Südsudan (UNMISS)

Meine sehr geschätzte Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben heute schon relativ lange über Bundeswehreinsätze gesprochen. Viele Redebeiträge in der Debatte machten deutlich, dass es viele Aspekte gibt, bei denen wir uns deckungsgleich engagieren wollen. Dennoch muss ich sagen, Frau Brugger, Sie haben mit Blick auf die Fraktion Die Linke recht, wenn Sie sagen: Die kritisieren sehr viel, aber die haben keine Lösungsansätze.

Herr Kollege Dr. Faber, ich gratuliere Ihnen herzlich zu Ihrer ersten Rede. Ich habe mich sehr darüber gefreut, dass Sie die Soldaten in den Fokus gerückt haben. Die Kolleginnen und Kollegen meiner Fraktion wissen das noch: Ich war in der letzten Legislaturperiode Mitglied im Verteidigungsausschuss. Deswegen weiß ich, wie wichtig es ist, dass wir respektieren und anerkennen, was die Soldaten fern der Heimat leisten. Wir bekommen relativ wenige Informationen darüber, wie es ihnen dort unten im Südsudan tatsächlich geht. Herr Dr. Faber, Sie haben von einem Gespräch mit einem Soldaten berichtet, der sagte: Es macht Sinn, sich hier zu engagieren, es macht Sinn, dass wir vor Ort sind. – Das widerlegt die Aussage von den Linken, die behaupten, dass es keinen Sinn mache. In diesem Sinne bedanke ich mich an dieser Stelle sehr.

(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP)

Es hat mich wirklich irritiert, dass von einer Seite hier kritisch angedeutet wurde, man sollte die Gräueltaten nicht mehr schildern. Wir müssen diese Gräueltaten schildern, ganz einfach deshalb, weil Journalisten zum Teil nicht einreisen können. Letztes Jahr sind 20 ausländische Journalisten daran gehindert worden, einzureisen. Andere Journalisten, die dort leben, werden gefoltert, misshandelt etc. Deswegen bekommen wir keine Nachrichten. Ich halte es für richtig, immer wieder auf die Gräueltaten hinzuweisen. Herr Dr. Faber hat recht: Der deutsche Beitrag ist nicht der größte, aber ein ernstzunehmender. Deswegen müssen wir immer wieder betonen und dezidiert ausführen, warum wir uns im Südsudan engagieren; denn nur dann trägt es unsere Gesellschaft mit, wenn wir unsere Soldaten dorthin schicken.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Das, was derzeit im Südsudan stattfindet, ist eine humanitäre Katastrophe unfassbaren Ausmaßes. Wenn wir die wenigen Nachrichten verfolgen, die bei uns ankommen, müssen wir leider feststellen, dass der Konflikt anscheinend nicht einfacher wird. Aber mich hat sehr gefreut, dass Staatsminister Annen und der Parlamentarische Staatssekretär Silberhorn gesagt haben, dass wir Hoffnung haben können. Die meisten Verhandlungen sind zwar gescheitert, aber zumindest sitzen die Konfliktparteien jetzt an einem Tisch. Wir versuchen nun, Wege zu gehen, damit die Region irgendwann etwas stabiler wird.

Mich macht es fassungslos, wenn ich höre, welche Gräueltaten im Südsudan verübt werden – es ist eben schon angesprochen worden –: Die Menschen werden ausgeraubt, sie werden ermordet, sie hungern oder werden taktisch ausgehungert, und es gibt Massenvergewaltigungen. Diejenigen, die am meisten darunter leiden, sind Frauen und Kinder. 90 Prozent derjenigen, die innerhalb des Landes fliehen müssen, sind Frauen und Kinder. Die meisten Flüchtlinge, die in die Nachbarländer fliehen, sind Frauen und Kinder. Ich finde es gut, dass unsere Bundesregierung ausreichend Mittel zur Verfügung stellt, die in die Nachbarländer fließen, zum Beispiel nach Uganda, um dort entsprechend zu helfen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)

Eben ist der entsprechende Bericht der Kommission für Menschenrechte angesprochen worden. Es gibt 40 Verantwortliche allein aus Militär und Politik, die schwere Kriegsverbrechen begangen haben. Ich rate denjenigen, die sich dafür interessieren: Lesen Sie den Bericht. Er beschreibt die Hölle auf Erden. Deswegen finde ich es gut, dass jetzt bei uns die Signale ankommen, dass diese Kriegsverbrecher irgendwann zur Rechenschaft gezogen werden; denn nur dann gelingt es uns, diese Region zu stabilisieren.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Wenn hier von der einen Seite des Hauses gesagt wird: „Man braucht uns nicht“, entgegne ich: Man braucht uns unbedingt. Die humanitäre Lage ist desaströs. Ohne Militär, ohne Schutzmaßnahmen können wir überhaupt keine humanitäre Hilfe leisten. Was ist denn die Alternative? Aus dem Land hinauszugehen und die Menschen ihrem Schicksal zu überlassen? Das ist nicht meine Vorstellung. Wir müssen den Menschen, die keinen mehr haben, auf den sie sich verlassen können, helfen. Die Bundesregierung hilft finanziell. Deswegen sage ich – ich sehe, dass meine Redezeit abgelaufen ist, aber das kann ich leider nicht ändern –:

(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Vizepräsidentin Claudia Roth:

Ich auch nicht.

Michaela Noll (CDU/CSU):

Der Prozess wird Zeit brauchen. An der einen oder anderen Stelle wird es bestimmt wieder Rückschläge geben. Wir brauchen einen langen Atem. Aber in dieser Region aufzugeben, ist für mich und für uns keine Option. Deswegen bitte ich um Ihre Zustimmung zur Fortsetzung der Beteiligung an UNMISS.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)