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Martin Patzelt: Der Tod von Navid Afkari hat wieder große Betroffenheit erzeugt

Redebeitrag zur Hinrichtung Navid Afkaris und der deutschen Iranpolitik

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Die vielen ihrer Freiheit Beraubten, die Gefolterten, die Getöteten und deren Familien vertragen nicht unser Parteiengezänk hier. Sie vertragen es nicht, dass wir uns untereinander vorwerfen, dass wir an der einen Stelle mehr und an der anderen Stelle weniger machen. Was ich mir tatsächlich wünschen würde – die Diskussion hat mich darin noch mal bestärkt –, ist eine Einmütigkeit, zum Ausdruck gebracht von einer einzigen parteiübergreifenden Fraktion für Menschenrechte in unserem Hause.

Wenn wir uns vergegenwärtigen, was diese Menschen auszuhalten haben, was sie leiden, dass uns die Menschenrechtsverteidiger immer wieder um Hilfe bitten, dann dürfte der Dissens, der sich hier zeigt, gar nicht in einer solchen Weise ausgespielt werden. Darüber müssten wir alle mal nachdenken.

Der Tod von Navid Afkari hat wieder große Betroffenheit erzeugt. Er hat ein Innehalten erzeugt: Briefe, Proteste; UNO-Vertreter haben sich gemeldet. Ja, auch Frau Kofler hat geschrieben. Als Mitglied des Menschenrechtsausschusses muss ich allerdings sagen: Und dann ist wieder Stille bis zum nächsten großen Ereignis. – Deshalb würde ich mir vielmehr wünschen, dass wir als Politiker – auch unsere Regierung – uns ostentativ mit Menschenrechtsverteidigern und gequälten Menschen an einen Tisch setzen und mit ihnen essen, statt Bilder von Treffen mit den Vertretern und Politikern solcher Regime zu posten, die diese Bilder wieder für ihr Renommee verwenden. Der iranische Botschafter hat uns Anfang des Jahres zu einem Essen eingeladen. Ich habe ihm zurückgeschrieben: Ich werde immer mit Ihnen reden, aber mit Ihnen essen werde ich nicht.

(Beifall bei der AfD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Ich möchte nicht das Brot brechen mit jemandem, der dieses Regime verteidigt und vertritt.

Ich möchte mit allen reden, schon um eine Änderung hervorzurufen. Aber ich möchte Ihnen auch sagen: An meiner Haltung ändert sich nichts, selbst wenn es ein Stück meines Wohlstands kosten würde. Deswegen möchte ich uns alle ermutigen, ebenso zu handeln, selbst wenn unsere wirtschaftlichen Interessen an dieser oder jener Stelle mal in Gefahr geraten. Wir sind es uns selber schuldig – als Deutsche mit unserer Hypothek noch umso mehr –, dass wir jeden Namen eines Betroffenen und jedes Unrecht dieser Welt laut sagen, dass wir uns dahinterstellen, dass wir Menschen zu retten versuchen – das ist ja manchmal auch gelungen –, dass wir einmütig handeln und nicht denjenigen, die uns beobachten, ein Schauspiel der Zerrissenheit bieten, bei dem gezeigt wird, wer sich mehr einsetzt, für wen man sich mehr einsetzt und für wen weniger.

Es geht um Menschen. Wir alle sind Menschen. Wir sind ein tolles Volk und ein tolles Parlament. Wir werden es doch wohl schaffen, mit einer Stimme – auch mit unseren Politikern zusammen, die auch Angst haben, dass sie etwa diplomatische Kanäle verbauen – zu sagen: Menschenrechte kommen zuerst; denn immer wenn wir für Menschenrechte kämpfen, kämpfen wir für uns und unsere Zukunft.

Danke schön.

(Beifall bei der CDU/CSU und der AfD sowie bei Abgeordneten der SPD, der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)