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Klaus-Peter Willsch: Deutsche Waffen spielen in Kriegsschauplätze dieser Welt überhaupt keine Rolle

Rede zur Genehmigungspflicht für die technische Unterstützung von Rüstungsproduktion im Ausland

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kollegen! Frau Hänsel, es ist ja lobenswert, dass Sie überhaupt zur Kenntnis genommen haben, dass gestern eine Anhörung zu diesem Themenkomplex stattgefunden hat. Sie hätten aber einmal zuhören müssen. Was Sie hier vorgetragen haben, hat nichts mit dem, was wir dort lernen konnten, zu tun.

(Heike Hänsel [DIE LINKE]: Stimmt ja gar nicht!)

Eine Anhörung zu beantragen und sie dann durchzuführen, ist das eine. Aber wenn keine minimale Bereitschaft vorhanden ist, zuzuhören und sich etwas von den Experten, die eingeladen worden sind, sagen zu lassen, dann können wir uns den Aufwand auch sparen.

(Beifall des Abg. Bernhard Loos [CDU/CSU])

Wir hatten glücklicherweise diese öffentliche Anhörung. Ich möchte allen, die an dem Thema interessiert sind, empfehlen, sie sich einmal in der Mediathek des Bundestages anzuschauen; denn sie war wirklich erkenntnisstiftend und sehr informativ. Wir haben dort gute Informationen bekommen und vor allen Dingen feststellen können: Es gibt keine Regelungslücke in Deutschland. Wenn wir alles zusammenfassen, was wir in diesen zwei Stunden gehört haben, können wir sagen: Viele der Märchenstunden, die Sie hier veranstalten, sind überflüssig. Es ist uns in dieser Expertenanhörung bestätigt worden, dass eine Regelungslücke nicht besteht und dass wir eine sehr restriktive Rüstungsexportpolitik in Deutschland betreiben.

(Katja Keul [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Quatsch! – Gökay Akbulut [DIE LINKE]: Fragen Sie doch mal die Kurden in Afrin!)

Wenn Sie einigermaßen lernbereit wären, liebe Kollegen von den Grünen und auch Sie von den Linken, hätten Sie den Antrag heute eigentlich zurückziehen müssen; denn gestern ist nachgewiesen worden, dass es dafür überhaupt keinen Bedarf in unserem Land gibt.

(Dr. Frithjof Schmidt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was haben Sie denn genommen, dass Sie das gehört haben? – Gökay Akbulut [DIE LINKE]: Fragen Sie mal die Kurden!)

Wissen Sie, Frau Hänsel, wenn man sich hier an den Türken abarbeitet, kann man viele Gründe dafür haben. Ihre Co-Antragsteller sind immer noch leidenschaftliche Befürworter der Vollmitgliedschaft der Türkei in der EU; das haben wir als Union ja nie gemacht. Dann müssen Sie eben mal das Thema wechseln. Versuchen Sie doch nicht jedes Thema, das Sie stört, an den Punkten Rüstungsexporte und Rüstungsexportkontrollpolitik aufzuhängen. Das ist wirklich ermüdend.

Ich will einfach einmal aufzählen, welche Ammenmärchen, die uns zum Thema Rüstungsexportpolitik in den vergangenen Jahren von der Linken erzählt worden sind, gestern entlarvt und entkräftet wurden:

Die Rüstungsexportpolitik in Deutschland ist äußerst restriktiv; das hat selbst die IG Metall bestätigt, deren Vertreter ja nun nicht im Rufe stehen, von uns bestellte Experten zu sein, sondern politisch häufig eher anders zu verorten sind.

Auch wenn die Einschätzungen über die Genehmigungspraxis der Bundesregierung unterschiedlich sind, so bleibt doch festzuhalten, dass die Rüstungsexportkontrolle in Deutschland im internationalen Vergleich restriktiv gestaltet ist.

So der O-Ton des Vertreters der IG Metall.

Der renommierte Direktor des Instituts für Sicherheitspolitik an der Universität Kiel, Professor Dr. Joachim Krause, räumte mit dem Märchen auf, dass Deutschland zum drittgrößten Waffenexporteur der Welt geworden sei. Ich zitiere wiederum:

Der Hinweis auf das finanzielle Volumen deutscher Rüstungsexporte ist ohne die entsprechende Kontextualisierung weitgehend sinnlos. Die Behauptung, wonach Deutschland drittgrößter Waffenexporteur der Welt sei, lässt sich nach einer kritischen Sichtung der verfügbaren und belastbaren Zahlen ohnehin nicht aufrechterhalten.

(Katja Keul [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sagt Krause!)

Die Bundesregierung liefert einfach Zahlen, während andere das eben nicht machen. Wenn Sie sich die Kriegsschauplätze dieser Welt anschauen – auch das ist gestern in der Anhörung von den Experten ausdrücklich so dargestellt worden –, dann sehen Sie, dass diese Konflikte überwiegend mit chinesischen, russischen, ukrainischen oder iranischen Waffen ausgetragen werden. Deutsche Waffen spielen in diesen Konflikten überhaupt keine Rolle. Diese Scheinriesenposition – auch das ist gestern deutlich geworden – entsteht schnell mal, wenn ein oder zwei Schiffe in einem Jahr weggehen, die mit großem Volumen zu Buche schlagen. Dadurch wird die statistische Wahrnehmung verzerrt.

Wenn Sie ein bisschen zugehört haben, wissen Sie, dass Dr. Christian Mölling von der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik gesagt hat, dass unsere inkonsistente, weil zu restriktive Exportpraxis den eigenen politischen Zielen und Interessen Deutschlands schadet. Ein wiederum wörtliches Zitat:

Deutsche Rüstungsexporte sind essentiell, um die heimische Rüstungsindustrie zu erhalten. Diese wiederum ist wesentliche Grundlage der eigenen militärischen Handlungsfähigkeit.

Nun ein ganz wichtiger Punkt, der von mehreren hervorgehoben wurde: Das gewünschte Zusammenwachsen der EU im Verteidigungsbereich ist ohne die Möglichkeit, dass sich deutsche Unternehmen an Rüstungskooperationen und gemeinsamen Exporten beteiligen, praktisch nicht mehr möglich. Deutschland hat keine politische Gestaltungsmöglichkeit mehr in diesem Prozess, weil es seine Industrie schrittweise verliert.

Das alles riskieren wir. Man kann das ja wollen. Man kann auch sagen: Wir brauchen keine Soldaten und keine Armeen. – Wir von der Union sind leidenschaftlich dafür, dass wir eine eigene Armee unterhalten, weil wir wissen: Wer keine eigene Armee hat, hat eine fremde im Land. Dass man im Bündnis auch bündnisfähig sein muss und dort auch etwas einbringen können muss, ist für uns eine Selbstverständlichkeit.

(Beifall bei der CDU/CSU)

In Frankreich – ich zitiere erneut – ist ein enormer Vertrauensverlust in die Ernsthaftigkeit der deutschen Absichten zu beobachten. Die derzeitige Debatte um Exporte in Deutschland lassen in Paris Zweifel aufkommen, ob Berlin der richtige Partner ist. – Ich erinnere an das Beispiel, das uns genannt wurde: Hubschrauberei geht nicht rein militärisch; das ist immer ein Dual-use-Projekt. Der Airbuskonzern musste ein Redesign machen, weil ein deutscher Schleifring, der in den Hubschrauber eingebaut war, keine Exportgenehmigung bekommen hat. Die Leute arbeiten nicht mehr mit einem zusammen, wenn man sich so anstellt und ein so schwieriger Geschäftspartner ist. Sie sagen dann lieber gleich: „German free“ und „Wir machen das allein“. Das Ergebnis wäre, dass wir selbst irgendwo in der Welt unsere Waffen einkaufen müssen, weil wir mit unserer geringen Nachfrage durch die Bundeswehr unmöglich Spitzentechnologie in nötigen Losgrößen abnehmen können. Die Losgrößen gibt es eben nur, wenn der Export prinzipiell offen ist in dem Rahmen, den wir gesetzt haben, nämlich in einem sehr restriktiven.

Auf die ausdrückliche Frage, ob es eine Regelungslücke gibt, ob Bedarf besteht für ein zusätzliches Kriegswaffenexportgesetz, ist von mehreren Experten bestätigt worden: Es gibt keine Regelungslücke. Der Spielraum zwischen exekutivischem Kernbereich und der Möglichkeit des Parlaments, zu gestalten – –

Vizepräsident Thomas Oppermann:

Herr Kollege, Sie müssen zum Schluss kommen.

Klaus-Peter Willsch (CDU/CSU):

Ich komme zum Schluss. Es ist ja auch schlimm, dass ich die Erkenntnisse aus den zwei Stunden wiederholen muss, weil die Kollegen nicht zugehört haben.

Wie gesagt: Schauen Sie sich die Anhörung noch einmal an! Ich kann Ihnen nur sagen: Ziehen Sie Ihren gemeinsamen Antrag zurück! Sie müssen sich sowieso mal Gedanken darüber machen, in welche Gesellschaft Sie sich da begeben und ob das richtig ist.

(Katharina Dröge [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ein bisschen peinlich!)

Wir als Union stehen sowohl zu unserer Armee als auch zu unserer eigenen Rüstungsindustrie. Wir glauben, dass wir sie weiterhin brauchen und sie nicht mit überzogenen Forderungen oktroyieren dürfen.

Danke schön.

(Beifall bei der CDU/CSU)