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Katrin Staffler: Auch die Halbzeitbilanz der Ratspräsidentschaft ist in der Ausschusssitzung schon ausführlich thematisiert worden

Redebeitrag in der aktuellen Stunde zur Absage der Regierungserklärung der Bundeskanzlerin

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Jetzt haben wir ja heute schon viel über das Parlamentsrecht gehört und darüber, was man hier darf, was man nicht darf, wann man berichten darf, berichten muss oder nicht berichten muss. Ich finde es ja, ehrlich gesagt, schade, dass die Regeln hier in diesem Parlament vorsehen, dass nur die, die auf der anderen Seite des Rednerpultes sitzen, also die Zuhörenden, die Möglichkeit haben, Zwischenfragen zu stellen. Ich hätte Ihnen heute schon gern mal eine Frage gestellt,

(Gunther Krichbaum [CDU/CSU]: Ich auch!)

nämlich wie Sie auf die Idee mit dieser Aktuellen Stunde heute gekommen sind. Wie kommt man denn auf so eine Schnapsidee? Vielleicht ist Ihnen einfach nur nix Besseres eingefallen; das kann ja sein. Sie nennen sich immer gerne „Serviceopposition“. Es ist zwar echt nicht unsere Aufgabe, aber wenn Sie wirklich an so akuter Ideenlosigkeit leiden, liebe Kolleginnen und Kollegen, hätten Sie uns halt fragen können. Wir hätten gerne im Sinne einer Art Servicekoalition – das ist wohl das Gegenstück zu einer Serviceopposition – mit sinnvollen Ideen für diese Aktuelle Stunde heute ausgeholfen.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Niema Movassat [DIE LINKE]: Das wäre auch nicht gut gegangen! – Alexander Graf Lambsdorff [FDP]: Sie sind aber nicht die Bundeskanzlerin, liebe Frau Staffler!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen der Freien Demokraten, wenn Sie sich jetzt hier schon aufregen:

(Alexander Graf Lambsdorff [FDP]: Wir regen uns nicht auf!)

Ich hätte so eine Aktuelle Stunde, in der es eigentlich nur darum geht, dass man vielleicht die Kanzlerin irgendwo ein bisschen bloßstellt, den Kollegen noch ein Stück weiter rechts durchaus zugetraut. Bei Ihnen bin ich da doch ein bisschen enttäuscht. Offensichtlich finden aber nicht alle in Ihrer Fraktion das Thema so interessant. Ihr Herr Fraktionsvorsitzender hat sich ja schon vor über einer halben Stunde nach Hause verabschiedet.

(Thomas Hacker [FDP]: Er war aber eben da! Wo ist denn Ihrer?)

– Ja, es ist aber Ihre Aktuelle Stunde. Insofern würde ich schon davon ausgehen, dass ihn das auch interessiert. Aber dem ist offensichtlich nicht so.

Wie auch immer, Sie sind auch im Europaausschuss vertreten. Am Mittwoch in der Sitzung war die Kanzlerin zu Gast. Sie hat sachlich und aufschlussreich erklärt, warum es dieses Mal eben keine Regierungserklärung gibt. Aber auch da mache ich gerne für Sie die Servicekoalition und wiederhole das noch mal.

(Alexander Graf Lambsdorff [FDP]: Vorsicht, Vorsicht! Das ist nicht öffentlich!)

Der Europäische Rat findet am 15. und 16. Oktober statt, nächste Woche. Jetzt haben wir nächste Woche keine Sitzungswoche. – Ja, das ist nun mal so. Auch bei den Verhandlungen mit dem Vereinigten Königreich hat es noch keine Fortschritte gegeben, sodass man darüber jetzt berichten könnte. In der letzten Woche, in der Haushaltsrede, hat sie mehr als ausführlich auch zu all diesen Themen Stellung bezogen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Insofern weiß ich gar nicht, was man jetzt berichten soll. Das, was zu sagen ist, ist seit der letzten Woche gesagt; da hätten Sie vielleicht besser zuhören sollen. Neues gibt es in dieser Woche nicht.

(Norbert Kleinwächter [AfD]: Dann hören Sie doch auf mit Ihrer Rede! Dann sparen wir Zeit!)

Ich frage mich wirklich, wie Sie zu dieser Aktuellen Stunde kommen.

Dann wollten Sie gerne noch über die Halbzeitbilanz der Ratspräsidentschaft reden. Auch das ist in der Ausschusssitzung schon mehr als ausführlich thematisiert worden.

(Ulrich Lechte [FDP]: Im Ausschuss! – Alexander Graf Lambsdorff [FDP]: Sollen wir das Plenum abschaffen?)

Da hätten Sie durchaus besser zuhören können; dann hätten wir uns die Aktuelle Stunde erspart. Aber auch da helfen wir Ihnen natürlich immer gerne auf die Sprünge.

Ich glaube, die Halbzeitbilanz kann sich trotz der coronabedingt zahlreichen zusätzlichen Themen und der Einschränkungen, die coronabedingt nach wie vor gelten, durchaus sehen lassen. Wir haben schon im Juli mit den Staats- und Regierungschefs eine sehr gute Grundlage für die Fortschritte beim Corona-Aufbaufonds und im EU-Haushalt gebildet. Die deutsche Ratspräsidentschaft setzt alles daran, dass das Paket so zügig wie möglich abgeschlossen werden kann, und begleitet seit Ende August die trilateralen Gespräche zwischen Rat, Parlament und Kommission, damit der Aufbaufonds und der Haushalt wie geplant im nächsten Jahr in Kraft treten können.

Zudem haben wir im September sehr wichtige Vorstöße unternommen. Zum Beispiel gibt es beim Thema „Migration und Asyl“ jetzt den neuen gemeinsamen Ansatz, dass die Erstaufnahmeländer effizienter entlastet werden und die Zusammenarbeit mit den Nicht-EU-Ländern in Migrationsfragen verbessert wird. Die Palette der Themen, mit denen wir uns beschäftigen, ist umfangreich: Sie reicht vom Klimaschutz über die Verhandlungen mit dem Vereinigten Königreich bis hin zu den zahlreichen außenpolitischen Fragen, der finanziellen Ausstattung, der Bewältigung der Coronakrise usw., usf.

Die Erwartungen an die deutsche Ratspräsidentschaft und damit an die Kanzlerin bleiben groß. Es ist immer wieder die Rede davon, dass unsere Kanzlerin wohl die Einzige ist, die die Europäische Union durch die jetzt härteste Bewährungsprobe lotsen kann und die Ordnung in das unübersichtliche Krisenwirrwarr bringt.

Deswegen würde ich zum Schluss gerne noch mal an Sie alle appellieren, liebe Kolleginnen und Kollegen. Wir haben ein Motto in der europäischen Ratspräsidentschaft: „Gemeinsam. Europa wieder stark machen“. Gemäß diesem Motto, finde ich, sollten wir zusammenarbeiten, in der schwierigen Zeit an einem Strang ziehen und uns nicht in solchen Aktuellen Stunden, wie wir sie gerade durchführen, gegenseitig aufreiben; denn ich glaube, die Energie können wir für andere Dinge besser gebrauchen.

Danke schön.

(Beifall bei der CDU/CSU)