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Karin Strenz: "Für die Bürgerinnen und Bürger die bestmögliche Sicherheitsstruktur schaffen"

Rede zu Zwei-Prozent-Rüstungsziel der NATO ablehnen

Sehr verehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Gestern habe ich wieder eine Besuchergruppe aus meinem Wahlkreis empfangen. Wann immer Besuchergruppen da sind, zieht sich ein Thema wie ein roter Faden durch die Unterhaltungen: Sicherheit. Sicherheit war noch vor Jahren etwas scheinbar Selbstverständliches. Das Thema wurde oftmals furchtbar müde belächelt. Heute ist das ein Thema, welches die Gemüter erhitzt und ganz reale Sorgen um das Heute und auch das Morgen markiert. Ich meine, zu Recht.

Angesichts der vielen Konflikte in unserer Welt, die durch die Medienberichterstattung schon morgens am Frühstückstisch in die Küchen flimmern, im Auto aus dem Radio schallen, die ersten Seiten unserer Zeitungen zieren und als Eilmeldungen die Displays unserer Handys verstopfen, sind wir alle heute sensibler. All das hat dem Wort „Sicherheit“ endlich wieder die wahre Bedeutung zurückgegeben. Friedlich und frei leben, jetzt und auch in den kommenden Generationen, ist endlich wieder ein Thema.

Es ist unsere Verpflichtung als Parlament, für die Bürgerinnen und Bürger die bestmögliche Sicherheitsstruktur zu schaffen. Das Wie müssen wir allerdings verständlich erklären und darum werben, dass unsere Idee von Sicherheit auch vom Souverän mitgetragen wird. Das ist nicht immer leicht oder einfach, aber unumgänglich und notwendig.

Liebe Kolleginnen und Kollegen von den Linken, in Ihrem Antrag vermisse ich leider genau diesen Aspekt, der in meinen Augen ein elementarer Bestandteil unseres täglichen Miteinanders ist. Gewissermaßen bleiben Sie sich treu, indem Sie jedwede militärische Maßnahme konsequent ablehnen, Herr Dr. Neu. Damit suggerieren Sie, dass ausschließlich mit den Instrumenten der Entwicklungshilfe und der Diplomatie sich die Welt zum Besseren wenden lassen würde. Das tut sie aber nicht. Ich wünschte, es wäre so. Das ist auch einer der Gründe, warum wir hier nach den Debatten über Mandatierungen namentlich abstimmen: Damit in der Bevölkerung jeder weiß, wer wo steht. Das ist ein Zeichen der Transparenz, und das halte ich für ausgesprochen wichtig.

Aber wir Politiker müssen bei Entscheidungen auch klare Antworten geben. Wir müssen mit Sinn und Verstand erklären und klar definierte Ziele erkennen und festlegen. Das verlangen nicht nur unsere Bürger, sondern auch die Truppe und ihre Angehörigen. Nicht immer hat man – jetzt rede ich von mir persönlich – bei solchen Entscheidungen Flugzeuge im Bauch, sondern hin und wieder schlägt einem eine solche Entscheidung auch kräftig auf den Magen. Dennoch ist es für unsere Bundeswehr wichtig, dass wir mit großer Mehrheit entscheiden, da die Soldatinnen und Soldaten täglich für uns Gesundheit und Leben aufs Spiel setzen. Also gebührt ihnen ganz besonders großer Respekt vor ihrer Leistung, und sie verdienen das größte Maß an Sicherheit bei der Ausübung ihrer Tätigkeit für uns.

(Beifall der Abg. Dr. Marie-Agnes Strack-Zimmermann [FDP])

Wie gewährleisten wir das? Durch die – das klingt etwas abstrakt; das wurde schon gesagt – schrittweise Erhöhung der Verteidigungsausgaben auf bis zu 2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts bis zum Jahr 2024.

Aber ein Wort zur Genese. Der damalige Außenminister – Klammer auf: SPD; Klammer zu – und heutige Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat an genau dem NATO-Gipfel 2014 in Wales teilgenommen, hat die Umsetzung der Beschlüsse zu diesem Ziel mit vorbereitet und unterstützt. Zitat Steinmeier aus der „Welt“ vom 16. Juni 2017: „Deutschland muss seine militärischen Fähigkeiten stärken.“ Das mag in der SPD nicht jeder so gesehen haben – sieht es auch heute noch nicht – und erklärt möglicherweise die angezogene Handbremse des sozialdemokratischen Finanzministers.

Es gibt aber keine Alternative zur Einhaltung von internationalen Vereinbarungen. Alles andere wäre ein Bruch, der Verlust von Glaubwürdigkeit und ein irreparabler Anflug von Beliebigkeit, den wir uns als Bundesrepublik Deutschland in einer so fragilen Welt wie der heutigen nicht leisten sollten; denn mehr Konflikte bedeuten auch mehr Engagement, und zwar auf mehreren Ebenen. Der vernetzte Ansatz beschreibt das sehr gut. Deshalb müssen wir mehr investieren. Die Frage nach der Notwendigkeit stellt sich für meine Fraktion überhaupt nicht.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Ein Wort zu PESCO und der Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten der Europäischen Union im Rahmen der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik. Das Wir in Europa gefällt mir dabei am allerbesten. Es ist auch eine Form der Emanzipation. Frau Strack-­Zimmermann, ich meine gar nicht, wir seien schon aus den Kinderschuhen rausgewachsen. Ich glaube, damit fangen wir erst richtig an. Das Wir, das Ziel dieser Maßnahme, bedeutet Vernetzung, Aufbau und gleiche Standards; Standards bei Material, Ausrüstung und Ausbildung. Unsere Bundeswehr muss in die Lage versetzt werden und auch in der Lage sein, jederzeit und bestmöglich auf unterschiedliche Verantwortlichkeiten zu reagieren.

Gut beraten ist die Gemeinschaft, wenn jedes ­NATO-Mitglied seine eigenen Fähigkeiten steigert, um die NATO in ihrer Gesamtheit zu stärken. Ich möchte an dieser Stelle einen großen Dank an unsere Bundeswehr aussprechen; denn mein Eindruck vor Ort im Wahlkreis hat sich bestätigt: Die Truppe ist hochmotiviert. Sie verrichtet ihren Dienst für unser Land aus Überzeugung, auch unter nicht optimalen Umständen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Deshalb muss mit den steigenden Anforderungen im Zuge der sicherheitspolitischen Gefährdung auch ein personeller und materieller Anstieg einhergehen. Das muss unser Ziel sein. Die Union unterstützt die verantwortungsvolle Haltung der Bundesregierung und will in Zukunft dann auch die Umsetzung der 2-Prozent-Vereinbarung.

Vizepräsidentin Claudia Roth:

Denken Sie bitte an Ihre Redezeit.

Karin Strenz (CDU/CSU):

Ich bin gleich fertig.

Vizepräsidentin Claudia Roth:

Nein, nicht gleich, sondern schnell.

Karin Strenz (CDU/CSU):

Ich bin sofort fertig.

Vizepräsidentin Claudia Roth:

Sofort.

Karin Strenz (CDU/CSU):

Das ist ein Versprechen im Sinne der Sicherheit. – Noch ein einziger Satz zu Frau Hänsel. Natürlich gibt es wichtige, sehr wichtige Ziele. Aber ich glaube, keines können wir ohne Sicherheit im Land umsetzen.

(Heike Hänsel [DIE LINKE]: Ohne Frieden!)

Danke schön.

(Beifall bei der CDU/CSU)