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Henning Otte: "Wir als CDU fühlen uns dem Frieden verpflichtet"

UN-Verbot von Atomwaffen beitreten

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Freitagnachmittag: Aktuelle Stunde, beantragt von der Fraktion Die Linke. Das zeigt doch, dass es Ihnen eigentlich nicht ernsthaft um diese Debatte geht. Diese Kurzfristigkeit, die Sie heute am Freitagnachmittag zum Ausdruck bringen, ist auch ein Synonym für das Zu-kurz-Gedachte bei dieser Debatte. Das ist ein ernstes Thema, bei dem man sich mit der Realität auseinandersetzen muss.

Frau Kollegin Keul von den Grünen, also Ihre Rede eben hat dem Fass ja wirklich den Boden ausgeschlagen. Fernab von jeglicher Realität suggerieren Sie ein Bild, als wolle man Atomwaffen vom Himmel werfen, um Menschen und Natur zu vernichten. Es geht doch nur darum, dass wir nicht angegriffen werden.

(Heike Hänsel [DIE LINKE]: Ach so!)

Unsere nukleare Teilhabe dient als Abschreckungspotenzial. Das, meine Damen und Herren, hat auch dazu beigetragen, dass wir seit 70 Jahren in Frieden und Freiheit in Europa leben.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Wir als CDU fühlen uns dem Frieden verpflichtet, und wir wollen Frieden gestalten. Wir wollen die Schöpfung bewahren, und wir wollen eine gute Zukunft für alle Kinder. Aber Frieden fällt eben nicht vom Himmel; vielmehr muss man aktiv für ihn eintreten. Und mit einem Beobachterstatus allein, Frau Heinrich, ist es doch nicht getan. Damit würden wir eher schwere Kollateralschäden gegenüber Frankreich und den USA erzielen. Wir müssen das vielmehr gemeinsam und auf Augenhöhe miteinander beraten. Kein NATO-Mitglied würde diesem Atomwaffenverbotsvertrag zustimmen. Fast kein europäisches Land würde diesem Vertrag zustimmen. Wir würden uns völlig isolieren; wir würden uns aus der Teilhabe herausnehmen. Wir würden uns aus dem Mitspracherecht herausnehmen. Das ist doch keine Gefühlswelt, in die wir hier an einem Freitagnachmittag eintauchen.

Wir müssen doch der Realität ins Auge sehen. Wir müssen die sicherheitspolitischen Herausforderungen sehen. Dazu gehört nukleare Teilhabe. Solange andere Länder, die uns nicht wohlgesonnen sind, in der Lage sind, uns nuklear zu bedrohen oder anzugreifen, müssen wir die nukleare Teilhabe beibehalten. Deswegen lehnen wir den Beitritt zu einem solchen Verbotsvertrag ab, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Es geht doch vielmehr darum, dass wir bei den NATO-Planungszielen mitreden, dass wir, wenn wir die Trägersysteme zur Verfügung stellen, wie ein zweiter Schlüssel auch die eigene Verantwortung überprüfen. Es geht auch darum, dass wir unsere Werte verteidigen, dass wir unsere Interessen einbringen, dass wir handlungsfähig sind, auch im Rahmen der Klimagestaltung. All das dürfen wir doch nicht leichtfertig freitagnachmittags mal eben so aufs Spiel setzen. Das sind hergebrachte Grundsätze unserer Strategie.

Herr Gysi, Sie erzählen hier nur die halbe Wahrheit. Dem haben ja nur 52 von 193 UN-Mitgliedstaaten überhaupt zugestimmt; kein einziges NATO-Mitglied war dabei.

(Katja Keul [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: 122 haben zugestimmt!)

Wir gehen einen anderen Weg, wir gehen einen konstruktiven Weg. Wir sagen, der Nichtverbreitungsvertrag von 1969 muss weitergeführt und weitergestaltet werden. Wir begrüßen den New-START-Vertrag, der mit Joe Biden jetzt neu aufgelegt worden ist. Wir sagen, es braucht einen neuen INF-Vertrag, und wir kritisieren die Verletzung dieses Vertrages durch Russlands Stationierung von nuklear bestückten Hyperschallraketen, die auch Deutschland bedrohen können. Und wir sagen, wir brauchen eine transparente Verifikation durch den Open-Skies-Vertrag.

Aber zu sagen, dass die Welt mit einem einseitigen Ausstieg friedlich wäre, das ist wirklich Gefühlsduselei. Damit kriegen wir auch keine standhafte Diplomatie. Sie muss mit glaubhaften, messbaren Mitteln dargestellt werden. „Hic Rhodos, hic salta“ – beweis doch, was du kannst. Und das, meine Damen und Herren, das ist auch Regierungsverantwortung. Wir stellen uns dieser Regierungsverantwortung. Wir müssen bereit sein, in die Sicherheit unseres Landes zu investieren. Wir müssen bereit sein, NATO-Verpflichtungen zu erfüllen, weil wir bereit sind, eine Kultur der Verantwortung zu pflegen – für die Sicherheit Deutschlands, für die Sicherheit Europas und für ein Stück sichere Welt auf diesem Globus.

Wir sagen: Frieden und Freiheit sind nur mit Diplomatie, auf Augenhöhe, im Dialog, aber auch mit einem Abschreckungspotenzial zu gestalten, solange andere Länder diese Waffen haben und nicht bereit sind, ebenbürtig zu reduzieren. Deswegen lehnen wir den einseitigen Beitritt zu einem solchen Verbotsvertrag ab.

(Katja Keul [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was ist bei einem UN-Vertrag einseitig?)

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU)