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Florian Hahn: Wir wollen ein fairer Verhandlungspartner sein

Rede zur Regierungserklärung durch die Bundeskanzlerin zum Europäischen Rat und zum ASEM-Gipfel

Herr Präsident! Kolleginnen und Kollegen! Wir befinden uns auf der Abschlussetappe bis zum Austritt des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union Ende März 2019. Wir wollen – das haben fast alle Fraktionen festgestellt – keinen harten Brexit, und wir wollen ein fairer Verhandlungspartner sein; das sind wir auch. Das ist gar keine Frage. Aber wichtig bei den Verhandlungen ist, dass Großbritannien kein Wettbewerbsvorteil zulasten der EU erwächst. Wir müssen unbedingt vermeiden, dass der Brexit ein attraktives EU-Austrittsmodell wird. Das ist im Übrigen genau das, was die AfD gerne hätte: ein attraktives EU-Austrittsmodell, dem sich andere anschließen, damit die aus Sicht der AfD verhasste Europäische Union so, wie sie ist, endlich in sich zusammenbricht. Und das müssen wir verhindern.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Zurufe von der AfD)

Die auf Hochtouren laufende Diskussion über die Austrittsdetails lässt den Blick auf die zentralen Fragen des Brexit derzeit in den Hintergrund rücken. Warum hat das Referendum auf der britischen Insel im Juni Erfolg gehabt? Wie konnte es so weit kommen? Und vor allem: Was können wir tatsächlich daraus lernen? Mit Sicherheit ging es dabei um Besonderheiten der britischen Innenpolitik, die nicht ohne Weiteres auf andere Länder übertragen werden können. Eines jedoch ist auch klar: Es ging um falsche Versprechen, falsche Erwartungen an Brüssel und eine über Jahre schleichende Entfremdung der Bevölkerung vom europäischen Einigungsprozess. Deswegen müssen wir auf die unbestreitbaren Erfolge der Vergangenheit hinweisen. Die Bürger wollen aber auch wissen, worin der konkrete Mehrwert gemeinsamen Handelns auf europäischer Ebene besteht.

Die vielbeschworene immer engere Union ist kein Selbstzweck und schon gar nicht ein Selbstläufer. Den Bürgern geht es nicht um immer weitere Kompetenzübertragungen nach Brüssel, sondern insbesondere um Subsidiarität, um Stabilität und um Sicherheit. Subsidiarität, Stabilität und Sicherheit – das ist unser Ansatz und nicht eine unkonditionierte Umverteilung von denen, die Leistung bringen und gut haushalten, zu denen, die sich genau darauf verlassen. Deshalb werden wir uns ganz genau ansehen, was sich Finanzminister Scholz unter dem Stichwort „europäische Arbeitslosenversicherung“ vorstellt. Ich kann Ihnen heute schon versprechen: Eine reine Geldtransfusion für schwache Ökonomien werden wir als CDU/CSU nicht mitmachen.

(Beifall des Abg. Ralph Brinkhaus [CDU/CSU] – Martin Hebner [AfD]: Seit wann das denn?)

– Das ist schon immer unsere Linie. Genau das machen wir auch in Zukunft.

Die Sicherheit ist zu einem der wichtigsten Anliegen der Europäer geworden. Sie erwarten von ihrer Union, dass sie sie schützt. Die Bürgerinnen und Bürger wollen sich in Europa sicher fühlen. Der Schutz unserer Gesellschaften und unserer Freiheit liegt in unserer gemeinsamen Verantwortung. Ich bin der aktuellen österreichischen Ratspräsidentschaft deshalb äußerst dankbar dafür, dass sie die Sicherheitsthemen zum Schwerpunkt ihrer Ratspräsidentschaft gemacht hat. Auch beim Europäischen Rat heute und morgen stehen die Themen der inneren und äußeren Sicherheit auf der Tagesordnung. Auch wenn keine finalen Entscheidungen zu erwarten sind, möchte ich alle Beteiligten ermuntern, volle Anstrengungen an den Tag zu legen, damit wir hier tatsächlich substanziell weiterkommen.

Cybersicherheit ist beispielsweise aktuell einer der wichtigsten Punkte auf dem Weg zur Vollendung des digitalen Binnenmarkts der Europäischen Union. Cyberangriffe werden flexibler und professioneller. Auch die Angriffsmethoden verändern sich. Der aktuelle Lagebericht des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik ist entsprechend alarmierend. Umso wichtiger ist es, dass wir die Einrichtung einer schlagkräftigen EU-Agentur für Cybersicherheit vorantreiben und die Einführung eines EU-weiten Zertifizierungssystems für Cybersicherheit beschleunigen.

An der Stärkung der Sicherheit Europas führt kein Weg vorbei. Die Zukunft der Europäischen Union als Friedensprojekt für kommende Generationen hängt nun auch von der Gründung einer Sicherheits- und Verteidigungsunion ab. Wir sind hier schon einen großen Schritt vorangekommen. Wir müssen aber auch insgesamt weiter für eine gute Europäische Union arbeiten. Das ist es, was die Bürger von uns erwarten.

Vielen herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)