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Florian Hahn: „Weniger ist mehr“

Rede zum Arbeitsprogramm 2019 der Europäischen Kommission

Frau Präsidentin! Kolleginnen und Kollegen!

(Manuel Sarrazin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Unterstützen Sie Frau Merkel als Kommissionspräsidentin?)

Das Arbeitsprogramm der Europäischen Kommission für das Jahr 2019 fällt ja, betrachtet man den Umfang, ein bisschen dürftig aus. Das ist keine Kritik an der Kommission; denn das ist dem Umstand geschuldet, dass mit Blick auf die Europawahl am 26. Mai dieses Jahres nach Ostern die Räder in Brüssel erst einmal mehr oder weniger stillstehen.

Das wichtigste Vorhaben in 2019 kommt aber meiner Meinung nach trotzdem zu kurz, das ist nämlich die Vorbereitung auf den Brexit. Manchmal kann man es schon nicht mehr hören. Über den Brexit wird in den Medien rauf und runter diskutiert. Im Deutschlandfunk war diese Woche zu hören, dass sich bereits zahlreiche Hörer beschwert hätten, weil sie die andauernden Diskussionen über den Brexit nicht mehr hören wollen. Ich verstehe das.

Der Brexit ist aber zurzeit das beherrschende Thema. Er bindet nicht nur enorm viel Aufmerksamkeit, sondern auch ungeheure Arbeitskraft auf allen politischen Ebenen. Es hilft aber alles nichts. Wenn wir keinen geordneten Austritt schaffen, dann wird es für die Bürgerinnen und Bürger und für die Wirtschaft schwierig und teuer.

Tom Enders, der CEO von Airbus, hat in der letzten Woche mit Blick auf die Folgen vor allem für das Vereinigte Königreich gesagt, der Brexit drohe ein Jahrhundert der Entwicklung auf der Grundlage von Bildung, Forschung und Humankapital zu zerstören. Deswegen kann ich an unsere Freunde auf der Insel, an die Briten, nur appellieren, endlich einen vernünftigen Lösungsvorschlag zu liefern. Die Zeit ist sehr knapp, aber die EU der 27 wird sich davon nicht unter Druck setzen lassen. Das sei auch gesagt.

Für uns ist klar, dass wir weder unseren EU-Binnenmarkt schwächen noch die irische Insel im Stich lassen werden.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Das Karfreitagsabkommen darf nicht gefährdet werden.

Das aktuelle Arbeitsprogramm ist das fünfte Programm der Juncker-Kommission. Es enthält nur 15 Initiativen. Unter den zu prüfenden Richtlinien findet sich auch die Wasserrahmenrichtlinie. Da kommen bei einigen vielleicht ein paar Erinnerungen an Diskussionen hoch. Ich habe das noch gut im Ohr, wie wir hier im Bundestag darüber diskutiert haben. Ich erinnere mich an die Verhetzungen, als man vor Jahren bei der Beratung dieser Richtlinie eine Privatisierung der Wasserversorgung in Deutschland unterstellt und horrende Preise und furchtbare Folgen prognostiziert hat. An dieser Stelle kann man nur sagen: Alles nicht eingetreten.

Auch bei TTIP und CETA gab es ähnliche Kampagnen. Auch hier – das muss ich leider sagen – haben die Grünen und die Linken mit der Angst der Menschen gespielt, um diese Handelsabkommen zu verhindern. Das ist bei TTIP dann leider gelungen, beim Abkommen mit Kanada, CETA, Gott sei Dank nicht. Und siehe da, nach einem Jahr CETA hört man keinerlei Beschwerden. Deswegen ist es auch gut, dass es heute im Übrigen einen Startschuss für ein Freihandelsabkommen mit Japan geben wird.

Zurück zu dem Arbeitsprogramm. Getreu dem ausgerufenen Motto der Juncker-Kommission „Weniger ist mehr“, wurde die Anzahl der Gesetzesvorhaben und -initiativen deutlich reduziert. Ich bin zuversichtlich, dass die neue Kommission diesen Kurs fortsetzen wird. Als Redner der CSU bin ich natürlich auch sehr stolz, dass wir mit Manfred Weber einen ausgezeichneten und aussichtsreichen Kandidaten für das Amt des neuen Kommissionspräsidenten ins Rennen geschickt haben.

(Beifall bei der CDU/CSU – Manuel Sarrazin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Abwarten! Abwarten!)

Er hat bereits angekündigt, dass er sich noch stärker auf die großen und wichtigen Themen konzentrieren möchte und Regulierungen nur dort vornehmen wird, wo es wirklich notwendig ist. Das ist wichtig für die Bürgerinnen und Bürger; denn sie dürfen nicht den Eindruck haben, dass Europa nur lästig und regulierungswütig ist. Wir müssen das Gute, das Europa uns gebracht hat und bringt, noch viel mehr in den Vordergrund rücken und kommunizieren. Bis auf die AfD, die Europa bekanntlich den Rücken kehren will, sind wir hier alle gefordert.

Lassen Sie uns deshalb im Wahlkampf den Kampfanzug für Europa anziehen gegen die Populisten, gegen die, die immer nur sagen, was alles vermeintlich nicht funktioniert, gegen die, die Spaß an der Zerstörung Europas haben und nicht an der Gestaltung Europas, so wie wir.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Denn neben den größten Errungenschaften wie Frieden und Wohlstand, die leider viel zu oft als selbstverständlich hingenommen werden, sind es die ganz konkreten Dinge wie die europäische Freizügigkeit oder die Einführung einer einheitlichen Währung, die wir uns ins Gedächtnis rufen müssen. Wenn man einer Umfrage folgt, dann sind allein 75 Prozent der Bürger der Euro-Zone von dieser Währung positiv überzeugt. Meine Damen und Herren, diesen Trend müssen wir mit guter Europa-Politik verstärken.

In diesem Sinne, herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)