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Eckhard Pols: Dieser Beschluss wird von den Vertriebenenpolitikern unserer Fraktion mitgetragen

Redebeitrag zu einer deutsch-polnischen Gedenkstätte

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Die heutige erinnerungspolitische Debatte um das Gedenken an die Opfer des Zweiten Weltkrieges und der deutschen Besatzungsherrschaft ist in der Tat längst überfällig; denn die Zeitzeugen verlassen uns – und damit die Möglichkeit, noch zu ihren Lebzeiten eine Versöhnung zu erreichen.

In der jahrelangen Debatte haben manche Akteure bemerkenswerte Kehrtwenden vollzogen. So wies der wissenschaftliche Beirat der Bundesstiftung „Denkmal für die ermordeten Juden Europas“ noch im November 2019 auf die Gefahren eines Polen-Denkmals hin und regte an, stattdessen ein Dokumentationszentrum über die deutsche Besatzungsherrschaft zu gründen. Gleichzeitig regte der Beirat eine dauerhafte Freiluftausstellung am bestehenden Polen-Denkmal in Berlin-Friedrichshain an. Im Juni dieses Jahres schlugen die Bundesstiftung und das Deutsche Polen-Institut nun gemeinsam vor, das Polen-Denkmal und das Dokumentationszentrum in einem Gedenkensemble zusammenzuführen.

Meine Damen und Herren, die Koalition hat anders diskutiert und entschieden. Dieser Beschluss wird von den Vertriebenenpolitikern unserer Fraktion mitgetragen und findet die große Mehrheit des Deutschen Bundestages. Ein eigener Gedenkort für die polnischen Opfer des Zweiten Weltkrieges in Berlin stellt einen außergewöhnlichen Meilenstein für die deutsch-polnische Aussöhnung dar.

Die Zustimmung unserer Fraktion zu diesem Antrag ist zum einen geleitet von den besonderen Beziehungen zwischen unseren beiden Ländern. Polen war 1939 das erste Opfer des Zweiten Weltkriegs. Kein Land hat so lange unter der deutschen Besatzung gelitten wie Polen. Das Martyrium der dortigen Bevölkerung mit 1 Million Toten betraf fast jede Familie. Zu den Folgen der deutschen Aggression im Zuge des Hitler-Stalin-Paktes gehören auch die Deportationen und die Massenmorde im sowjetisch besetzten früheren Ostpolen und schließlich die von Moskau erzwungene Westverschiebung des Landes 1945. Dies wiederum führte zur Vertreibung der deutschen Bevölkerung. Auch daher ist die Frage des Gedenkens und Erinnerns in den deutsch-polnischen Beziehungen von besonderer Bedeutung.

Meine Damen und Herren, unser Beschluss ist von der Hoffnung getragen, dass sich auch in Warschau zivilgesellschaftliche Initiativen dafür einsetzen, an das Schicksal der deutschen Heimatvertriebenen zu erinnern. Der Antrag würdigt daher die Rolle der deutschen Minderheiten in Polen sowie der Aussiedler und Vertriebenen als wichtige Brückenbauer zwischen den beiden Ländern.

Wir haben dafür Sorge getragen, dass der neue Erinnerungsort keine Konkurrenz zu bestehenden Gedenkeinrichtungen erzeugt, etwa zu dem zentralen Gedenkvorhaben der Bundesregierung zu Flucht und Vertreibung im Berliner Deutschlandhaus. Um es aber noch mal deutlich zu sagen: Der ausschließlich von einer Seite ins Spiel gebrachte Askanische Platz gegenüber dem Deutschlandhaus würde leicht zum Vorwurf der Aufrechnerei führen. Dies lehnen wir strikt ab.

Lassen Sie mich zum Schluss Professor Andreas Rödder zitieren, der sagte: „… daher wäre es eine große Geste, die polnischen Opfer in das öffentliche Bewusstsein Deutschlands zu stellen.“

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)