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Dr. Wolfgang Stefinger: "Die Förderung agrarökologischer Ansätze weiter ausbauen"

Rede zur Agrarökologie

Wir sollten uns immer wieder bewusst machen: Eine Welt ohne Hunger ist möglich. Dennoch bleibt die Sicherung der weltweiten Ernährung eine der zentralen Herausforderungen der internationalen Gemeinschaft.

Wir stehen vor großen Herausforderungen: Die Weltbevölkerung vor allem in Afrika wächst rasant, der Klimawandel bringt Dürreperioden und Überschwemmungen mit sich. Natürliche Ressourcen werden knapper. So stieg seit 1950 der Wasserverbrauch um das Dreifache, erhöhte sich der CO2-Ausstoß um das Vierfache und die Weltwirtschaftsleistung um das Siebenfache. Uns allen ist gleichzeitig bewusst: Der Planet hat seine Grenzen, und seine Ressourcen sind endlich.

Das übergeordnete Ziel unseres politischen Handelns muss nun sein, unseren Kindern und Enkeln eine Welt zu übergeben, die mindestens so intakt ist, wie wir sie übernommen haben. Wir alle haben eine Verantwortung zur Bewahrung der Schöpfung und zur Wahrung des Rechts auf ein Leben in Würde für alle Menschen. Wir alle leben in der EINENWELT.

Die Agenda 2030 greift diesen Gedanken der Nachhaltigkeit auf: Mit ihr haben wir uns zum Erhalt unserer Lebensgrundlagen verpflichtet, und mit ihr haben wir uns auch zur Beendigung von Hunger und Mangelernährung bekannt.

Deshalb suchen wir gemeinsam mit dem Entwicklungsministerium nach innovativen und nachhaltigen Lösungen.

Wie schaffen wir es, bis 2050 fast 10 Milliarden Menschen ausreichend und ausgewogen zu ernähren und gleichzeitig unsere natürlichen Ressourcen weitgehend zu schonen?

Die Lösung sind eine an die lokalen Gegebenheiten angepasste Landwirtschaft und Ernährungssysteme, die ökologisch, ökonomisch und sozial nachhaltig sind.

Es geht darum, lokale, an den Standort angepasste ertragreiche und vielfältige Sorten zu verwenden, es geht um passgenaue Düngung, gesunde, nährstoffhaltige Böden und effiziente Bewässerung, und es geht um Kreislaufwirtschaft. Das erfordert eine gute Ausbildung, gerade auch für Kleinbauern und -bäuerinnen, sowie einen gleichberechtigten Zugang zu Land und Finanzierungsmöglichkeiten.

Hier kann die Agrarökologie mit ihrem ganzheitlichen Ansatz wichtige Impulse liefern: Sie zielt darauf ab, die Verwendung externer Betriebsmittel zu reduzieren und „Abfälle“ im Sinne einer Kreislaufwirtschaft zu recyceln. So können zum Beispiel Pflanzenreste über Kompostierung als Humuslieferanten für die Bodenfruchtbarkeit verwendet werden. Oder es wird Fischzucht in den Reis- oder Gemüseanbau integriert, um Wasser zu sparen. Ein weiteres Beispiel ist die Integration von Ackerbau und Viehzucht, um die Verwendung natürlicher Nährstoffquellen auszubauen.

Vor diesem Hintergrund ist unser Antrag zu sehen: Wir wollen durch die Förderung von Agrarökologie einen Beitrag zur Erreichung der nachhaltigen Entwicklungsziele zu leisten.

Mit der Anwendung agrarökologisch-technischer Praktiken können wir positive Effekte für die Umwelt erzielen und gleichzeitig die Ernährungs- und Lebensgrundlagen der Menschen in Entwicklungsländern verbessern. Eine größere Vielfalt an Nahrungsmitteln, die auf dem Betrieb produziert werden, führt zu einer besseren regionalen Versorgung und größeren Auswahl an Lebensmitteln in den ländlichen Regionen. Dies wiederum reduziert die weit verbreitete Mangelernährung und hat positive Effekte auf die Gesundheit.

Wir haben in unserem Antrag auch deutlich gemacht, dass wir bereits auf einem guten Weg sind:

So hat das Bundesentwicklungsministerium die nachhaltige Ernährungssicherung und die ländliche Entwicklung zu Schwerpunkten seiner Arbeit gemacht: Es hat im Rahmen der 2014 ins Leben gerufenen Sonderinitiative „EINEWELT ohne Hunger“ verstärkt in die kleinbäuerliche Landwirtschaft in Entwicklungsländern investiert.

Neben der Ernährungssicherung und der Stärkung der Widerstandsfähigkeit will das Ministerium damit auch eine professionellere und zugleich nachhaltigere Landwirtschaft fördern und den Schutz natürlicher Ressourcen verbessern.

So unterstützen die neu geschaffenen Grünen Innovationszentren inzwischen in 14 Ländern Afrikas und in Indien Kleinbäuerinnen und -bauern durch ressourcenschonende und kostensparende Anbaumethoden dabei, ihre Einkommen zu steigern. Sie bringen landwirtschaftliche Ausbildung, Forschung, Wissensnetzwerke und Beratung zusammen und liefern wichtige Impulse für Ertragssteigerungen, Marktzugänge und Ressourcenschutz. Dabei zeigt sich, dass durch Fruchtfolge, Feldrandbewirtschaftung oder effiziente Bewässerung die Erträge erhöht und gleichzeitig Kosten und Ertragsrisiken gesenkt werden können.

In diesen Bemühungen dürfen wir nicht nachlassen, und deswegen ist es richtig und wichtig, die Förderung agrarökologischer Ansätze weiter auszubauen – sowohl finanziell als auch in den Vereinbarungen auf europäischer und internationaler Ebene.

Es ist richtig und wichtig, dass wir zusätzlich drei ökologische Wissenszentren in Afrika aufbauen, die traditionelles Wissen mit neuen Forschungsergebnissen verbinden und dabei helfen, Märkte für ökologisch produzierte Nahrungsmittel zu stärken und auszubauen.

Es ist richtig und wichtig, die Unterstützung insbesondere kleiner und mittlerer Unternehmen der Agrar- und Ernährungswirtschaft bei der Erschließung kaufkräftiger Märkte weiter auszubauen, um lokale Wertschöpfungsketten zu schaffen.

Und es ist richtig und wichtig, den sicheren und fairen Zugang zu Land, Wasser und Fischereirechten für die lokale Bevölkerung zu unterstützen.

Die Agrarökologie gibt uns wertvolle Methoden und Ansätze an die Hand, diese Ziele zu erreichen. Sie alle sind Teil der Agenda 2030 – unserem Zukunftsvertrag. Ihrer Umsetzung kommen wir damit ein gutes Stück näher.