Skip to main content

Dr. Volker Ullrich: Wir wollen, dass die weltweite nukleare Abrüstung ihre Fortsetzung findet

Redebeitrag zu Nuklearwaffen

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit dem New-START-Vertrag ist die Anzahl der Gefechtsköpfe von 2 200 auf 1 500 reduziert worden, und die Anzahl der Trägerraketen hat sich von 1 600 auf 800 halbiert. Der New-START-Vertrag ist der letzte große Abrüstungsvertrag im Rahmen einer globalen Abrüstungsstrategie. Deswegen hat jede Initiative unsere Unterstützung verdient, diesen New-START-Vertrag, der nächstes Jahr auslaufen soll, zu verlängern oder ihn gar durch ein neues Abkommen abzulösen. Wir brauchen ihn. Wir wollen, dass die weltweite nukleare Abrüstung ihre Fortsetzung findet, und wir schauen optimistisch auf die nächste Runde, die nächste Woche in Wien beginnen wird.

Wir teilen auch, wie Sie wissen, die Vision einer nuklearwaffenfreien Welt. Die Proliferation von Atomwaffen und der dadurch mögliche Schaden eines nuklearen Sturmes, der die Menschheit vernichten kann, ist eine der ganz großen Gefahren unserer Zeit. Das zu verhindern muss deswegen im Mittelpunkt der internationalen Sicherheitspolitik stehen. Aber wir werden diese Fragen nicht lösen, wenn wir sie auf die Frage des Abbaus und des Rückgangs der nuklearen Teilhabe in Deutschland reduzieren.

Wir brauchen die nukleare Teilhabe, weil davon auch unmittelbar die Sicherheitsarchitektur der NATO und damit auch unsere Glaubwürdigkeit im Bündnis abhängen.

(Beifall bei der CDU/CSU – Katja Keul [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das glaubt ihr doch selber nicht!)

Wir dürfen nicht vergessen, dass die Sicherheit, die Deutschland erfahren hat, nur deswegen möglich war, weil die Vereinigten Staaten im Rahmen ihrer Nuklearstrategie einen Sicherheitsschirm über Europa gespannt haben.

(Beifall des Abg. Roderich Kiesewetter [CDU/CSU])

Deswegen ist es nur recht und billig, dass wir als großer NATO-Partner auch bereit sind, unseren Beitrag in diesem Bündnis zu leisten.

Wenn es um die Gefährlichkeit von Atomwaffen geht, dann geht es nicht in erster Linie um die mehrere Dutzend taktischen Atomwaffen, die in Büchel oder woanders liegen mögen; es geht um die strategischen Atomwaffen, um die U-Boot-gestützten und raketengestützten Atomwaffen. Das sind die Arsenale, die wir reduzieren wollen. Die taktischen Atomwaffen brauchen wir, weil es auch darum geht, rote Linien zu definieren. In einer Welt, in der ich feststellen muss, dass in Kaliningrad Raketen stationiert werden, in einer Welt, in der ich feststellen muss, dass sich die russische Strategie ändert, braucht auch die NATO ein klares Potenzial, zu sagen: Hier ist eine rote Linie. Hier handeln wir in der NATO gemeinsam, um Freiheit und Sicherheit zu verteidigen.

(Jürgen Hardt [CDU/CSU]: Deswegen war das eine gute Sitzung gestern!)

Wenn wir darüber sprechen, die nukleare Teilhabe aufzugeben, dann wäre doch die konsequente Frage: Was folgt daraus? Folgt daraus beispielsweise eine Neustationierung von taktischen Atomwaffen in Polen oder in anderen Staaten? Das, meine Damen und Herren, würde der NATO-Russland-Grundakte von 1997 widersprechen und damit eigentlich die Gefahr der Eskalation erst vergrößern und sie nicht kleiner werden lassen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Wir müssen aber alles dafür tun, dass die Gefahr der Eskalation geringer wird.

Auch müssen wir feststellen, dass es im Augenblick keine europäische Option gibt. Wir können Freiheit und Sicherheit im Augenblick nicht ohne das transatlantische Bündnis sicherstellen. Deswegen stehen wir zur NATO und zum transatlantischen Bündnis, und ein wichtiger Bestandteil ist dabei auch die nukleare Teilhabe. Deswegen: Lassen Sie uns unsere Verantwortung wahrnehmen,

(Zuruf von den LINKEN: Trump will doch abziehen!)

für Abrüstung und für eine Reduzierung der Atomwaffen, aber in einer Art und Weise, die gleichzeitig auch unsere Freiheit und Sicherheit garantiert.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Dr. Fritz Felgentreu [SPD])