Skip to main content

Dr. Johann David Wadephul: Wir dürfen im sicherheitspolitischen Bereich keine Vertragsverletzungen dulden

Den INF-Vertrag als Grundpfeiler atomarer Sicherheitsarchitektur und Kernelement europäischer Sicherheit erhalten

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich will beginnen wie der Kollege Mützenich. Wir sind in einer außenpolitischen und sicherheitspolitischen Situation, die so kritisch ist wie noch nie seit 1990. Sie haben die Ukraine erwähnt. Wir können auch nach Syrien schauen, wo die Kriegshandlungen von russischer, von iranischer und leider auch von türkischer Seite fortgesetzt werden. Wir haben das hier schon diskutiert. Es gibt die Bedrohung von Japan, einem engen Bündnispartner unsererseits, durch Nordkorea. Wir haben gestern einen russischen Präsidenten erlebt, der neue Waffensysteme vorgestellt hat, und das in einer Stimmung, die man fast als diebische Freude bezeichnen kann. Es geht um intelligente, nuklearbestückte Waffensysteme zu Wasser und zu Luft.

In dieser Situation muss man zweierlei sagen: Erstens. Deutschlands und Europas Sicherheit hängt davon ab, dass wir fest im westlichen Bündnis stehen.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Zweitens. Deutschland sieht sich der Abrüstung und Rüstungskontrolle sowie vertraglichen Vereinbarungen, die wir eingegangen sind, verpflichtet. Jede Regelverletzung – ich nenne beispielsweise die Verletzung des Budapester Vertrages durch Annexion der Krim oder eine Verletzung des INF-Vertrages – ist ein Beitrag zur Unsicherheit und muss von uns deshalb sanktioniert werden. Wir dürfen im sicherheitspolitischen Bereich keine Vertragsverletzungen in Europa und in dieser Welt dulden.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Herr Kollege Mützenich, Sie sprachen davon, dass die NATO nicht instrumentalisiert werden darf. In diesem Punkt unterscheide ich mich von Ihnen. Wenn es eine Lehre aus der Zeit des NATO-Doppelbeschlusses gibt – er wurde ja sozusagen kreiert von Helmut Schmidt, dem früheren Bundeskanzler aus Ihrer Partei –, dann ist es die, dass Festigkeit im westlichen Bündnis und die Bereitschaft zur Sicherheitskooperation mit Russland und mit anderen notwendig sind. Das ist das Konzept, mit dem wir Sicherheit gewährleisten können. Unsicherheit im eigenen Bündnis, sei es durch Infragestellen des 2-Prozent-Ziels, sei es durch Infragestellen der nuklearen Teilhabe, sei es durch Infragestellen unserer Bündnisverpflichtungen, führt zu noch mehr Unsicherheit. Wir brauchen zwei Standbeine: die Offenheit zur Kooperation mit anderen und die Verankerung in der NATO.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)

Jetzt ist eine klare Reaktion notwendig. Es darf aber keine einseitige Reaktion werden. Es ist schon bemerkenswert, dass auf die mögliche Vertragsverletzung von russischer Seite nur die USA reagiert haben. Wir brauchen aber auch eine europäische Reaktion. Moskau muss wissen, dass wir das beobachten. Moskau muss wissen, dass in unserem Koalitionsvertrag von „Achtsamkeit“ und „Resilienz“ gesprochen wird. Wir wollen Aufklärung und Klarheit: Wofür sind diese Bataillone gedacht? Was ist dort möglich? Was ist dort vorstellbar? Moskau muss auch wissen, dass es im Zweifel auch eine Antwort geben wird, die zwar nach unserer Vorstellung in keinem Fall in einer neuen Rüstungsspirale enden soll, die aber auch nicht aus einer falsch verstandenen Nachgiebigkeit bestehen darf. An dieser Stelle zu schweigen, wäre ein schwerer sicherheitspolitischer Fehler. Deshalb brauchen wir hier Klarheit, Offenheit und Vertragstreue von Moskau sowie Standfestigkeit unsererseits im westlichen Bündnis.

Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)