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Dr. Johann David Wadephul: "Lassen sie uns kämpfen, dass die Freundschaft zwischen Europa und Amerika fortbesteht!"

Rede zur Vereinbarten Debatte zum G7-Gipfel in Kanada

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! G-7-Gipfel sind normalerweise Ereignisse, die uns nicht allzu lange beschäftigen oder die Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Wenn es nur ein weiterer Tweet des amerikanischen Präsidenten gewesen wäre, der uns verärgert hätte, den wir nicht verstehen, wäre er wahrscheinlich auch noch kein Anlass gewesen, hier darüber zu debattieren. Aber wir erkennen in der Verhaltensweise des amerikanischen Präsidenten, der ein vereinbartes Schlussdokument per Twitter infrage stellt, mittlerweile doch Verhaltensmuster, die der Deutsche Bundestag – deswegen bin ich dankbar, dass alle Fraktionen sich darauf geeinigt haben – auch einmal grundsätzlich diskutieren will.

Da gibt es langjährig ausgehandelte Verträge. Ich nenne das Klimaschutzabkommen, eine der größten Errungenschaften der Weltgemeinschaft. Damit ist es uns gelungen, endlich gemeinsam nicht nur die Staaten einzubeziehen, die betroffen sind – das sind Inselstaaten –, sondern auch die Verursacherstaaten. Es ist endlich gelungen, zum Klimaschutz eine gemeinsame internationale Übereinkunft zu erzielen, und der amerikanische Präsident erklärt lax, er wolle sich daran nicht mehr halten und sie interessiere die Vereinigten Staaten von Amerika nicht.

Da haben wir das Atomabkommen mit dem Iran, endlich mit großen Anstrengungen auch der deutschen Diplomatie, der europäischen Diplomatie erzielt. Es ist eine Errungenschaft, den Iran zu motivieren, auf eine atomare Bewaffnung zu verzichten. Es ist zumindest eine Chance, in dieser Region Aufrüstung zu verhindern und ein bisschen Frieden und Sicherheit, nicht zuletzt auch für Israel, sicherzustellen, und der amerikanische Präsident verabschiedet sich davon.

Auf der anderen Seite gab es nach einem Hin und Her, nach Zusage, Absage, kurzfristiger Vorbereitung ein Zusammentreffen mit einem der grausamsten Diktatoren unserer Zeit, mit dem Diktator von Nordkorea, Kim Jong Un, eine dürftige Erklärung, die in der Substanz eigentlich überhaupt nichts enthält an Sicherheitsgarantien für Südkorea, keinen Zeitplan, keine Garantien, dass Nordkorea Atomwaffen abbaut, und das wird vom amerikanischen Präsidenten als epochales Werk verkauft und mit der Aussage verbunden, seitdem er im Amt sei, sei die Welt sicherer geworden.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen – ich werde gleich noch einen Satz zu Amerika insgesamt sagen –, wenn wir so etwas als Verbündete und als Freunde Amerikas in der westlichen Welt durchlassen, desavouieren wir internationale Demokratie, desavouieren wir alle unsere internationalen Ansätze, die wir als Europäer, die wir als Deutsche gemeinsam in der UN, in der NATO, in der Europäischen Union vertreten, und das dürfen wir nicht zulassen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)

Ein Weiteres ist, dass wir auch keine Relativierungen zulassen dürfen. Natürlich ist es sinnvoll, mit jemandem wie dem Diktator von Nordkorea zu sprechen. Natürlich ist es sinnvoll, jede Anstrengung zu unternehmen, mit ihm auch zu einer Vereinbarung zu kommen. Aber jetzt im Nachhinein zu sagen, wie wir es vom amerikanischen Präsidenten lesen, es gebe halt auch andere nicht gute Regime und das sei nur eins von vielen, ist eine Relativierung, die nicht zulässig ist. Es ist auch eine nicht abgestimmte Politik mit engen Partnern, die wir in der Region haben, mit Südkorea, mit Japan. Auch dagegen müssen wir uns zur Wehr setzen.

Deswegen möchte ich zweierlei dazu sagen:

Erstens. Darauf kann die Antwort auch nur wieder erneut sein: Liebe Freundinnen und Freunde, wenn wir unsere Werte, wenn wir unsere Vorstellungen von internationaler Zusammenarbeit durchsetzen wollen, wenn wir unsere Werte behalten wollen, dann brauchen wir an dieser Stelle ein starkes Europa. Wir müssen die Europäische Union endlich weltpolitikfähig machen, damit wir eine Antwort darauf geben können; dazu sind wir aufgerufen.

Zweitens. Natürlich dürfen wir nicht deswegen, weil dieser Präsident uns nicht passt und weil er sich in manchen Verhandlungsschemata nicht an das hält, was wir für richtig halten, die transatlantischen Beziehungen aufs Spiel setzen. Natürlich müssen wir wissen, dass die Vereinigten Staaten von Amerika eine alte, eine starke Demokratie sind, eine starke Wirtschaftsmacht sind und trotz aller Auseinandersetzungen unsere stärksten militärischen und auch wirtschaftlichen Verbündeten bleiben. Wir bleiben den Vereinigten Staaten von Amerika nicht nur deshalb in Freundschaft verbunden, weil sie uns vom Nationalsozialismus befreit haben, weil sie die Wiedervereinigung Deutschlands ermöglicht haben, sondern auch mit Blick auf die Zukunft. Wir müssen Freunde Amerikas bleiben. Aber wir müssen auch diejenigen in Amerika, denen daran gelegen ist, dass es so bleibt, dass es in Europa, dass es in Deutschland eine positive Stimmung gibt, auffordern: Auch ihr müsst etwas dafür tun, dass Amerika seine Freunde in Deutschland und in Europa behält.

Deswegen: Lassen Sie uns gemeinsam, trotz der Frustration über das Ende dieses Gipfels, dafür kämpfen, dass die Freundschaft zwischen Europa und Amerika fortbesteht! Lassen Sie uns dafür klar eintreten!

Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD, der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)