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Dr. Heribert Hirte: Lassen Sie uns gemeinsam arbeiten an einem starken Europa

Redebeitrag zur Deutschen Ratspräsidentschaft

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir beraten hier über einen AfD-Antrag, und wie so oft ist der Antrag voll von Unwahrheiten, Halbwahrheiten, Vorurteilen usw. usw. Das überrascht uns hier nicht.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Die Kollegin Brantner hat schon einiges dazu gesagt; das will ich deshalb gar nicht wiederholen. Die zwei zentralen Elemente, die in Ihrem Antrag vorkommen, sind erstens: Ja, wir müssen unser Geld dagegen verteidigen, dass es an die faulen Südeuropäer überwiesen wird. – Ehrlich gesagt, eine solche Tonalität stinkt mir.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Zweitens geht es darum: Nein, wir wollen niemanden, der zu uns einwandert oder der Asyl sucht, bei uns willkommen heißen, weil uns auch das unser Geld kostet. – Auch diese Tonalität stinkt mir.

(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, der FDP, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die dritte Botschaft, die Sie rüberbringen, ist: Unsere Rechte werden verkürzt; die Demokratie funktioniert nicht in Europa. – Auch das ist falsch, und es wurde von dieser Stelle aus x-mal gesagt; ich brauche es nicht zu wiederholen.

(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, der FDP, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich möchte an dieser Stelle einen Punkt aufgreifen – lassen Sie uns sachlich bleiben –,

(Lachen bei der AfD)

den wir im Rechtsausschuss in den letzten Wochen beraten haben. Was wir nämlich durchaus festgestellt haben – und Sie, Herr Droese, haben die Macht des EuGH kritisiert –, ist, dass es für die Länder Möglichkeiten der Beteiligung an der Rechtsfindung des EuGH gibt. Unsere Regierung kann Stellungnahmen abgeben, die Regierungen der einzelnen Mitgliedstaaten können Stellungnahmen abgeben und in den Verfahren sagen, was sie meinen, wie eine Entscheidung richtig ausfallen könnte.

Wir haben gehört – ich danke ausdrücklich Frau Ackermann, der Präsidentin in der Rechtsanwaltskammer beim Bundesgerichtshof –, dass Deutschland, was diese Stellungnahmen angeht, nicht so gut dasteht wie andere Länder. Das war für mich ein Grund, der Sache ein wenig nachzugehen. Wir haben überlegt, was wir machen können. Wir haben erst mal festgestellt: Diese Stellungnahme wird bei uns in Deutschland von der Bundesregierung wahrgenommen. Das passiert immer wieder, auch im PSPP-Verfahren; um das gleich am Rande zu sagen. Aber wir könnten hier der Bundesregierung durchaus auch etwas unter die Arme greifen.

Deshalb haben wir im Rechtsausschuss in einem intensiven Dialog mit der Bundestagsverwaltung, der ich dafür ausdrücklich danke, überlegt, wie wir das verbessern können. Wir werden in den nächsten Wochen die EuGH-Verfahren so aufbereitet bekommen – sie stehen auch heute schon zur Verfügung; wir wissen von der Homepage, welche Verfahren es gibt –, dass jeder von uns mitwirken kann an den Stellungnahmen gegenüber dem EuGH. Das ist ein Schritt zu mehr Demokratie, zu mehr Rechtsstaatlichkeit in Europa. Hier können wir uns als Parlament einbringen, und wir nehmen damit unsere Integrationsverantwortung in Europa wahr.

Das ist eigentlich genau das, was das Bundesverfassungsgericht von uns im PSPP-Urteil eingefordert hat. Nur, diese Überlegungen sind schon älter. Wir haben schon vorher gesagt, an welchen Stellen wir unsere Beteiligungsrechte verbessern können. Und es ist unsere Initiative, hier weiterzugehen; das ist für uns als Rechtspolitiker eine Selbstverständlichkeit. Das, was Sie in Ihrem Antrag schreiben, hängt damit zusammen, dass Sie sich an all diesen Sachen nicht beteiligen. Ich rufe Sie auf: Machen Sie mit und reden Sie nicht nur! Denn Demokratie, auch auf europäischer Ebene, ist Klein-Klein-Kleinarbeit: Lesen und Zusammenhänge verstehen, und das in mehreren Sprachen. – So wie Sie das machen, geht es nicht.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD, der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Vizepräsident Dr. Hans-Peter Friedrich:

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Kleinwächter?

 

Dr. Heribert Hirte (CDU/CSU):

Nein. Der redet gleich. – Deshalb ist mein Petitum: Lassen Sie uns gemeinsam arbeiten an einem starken Europa mit einem starken Bundestag, der sich an der Gestaltung dieses Europas beteiligt!

Herzlichsten Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)

Vizepräsident Dr. Hans-Peter Friedrich: