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Dr. Andreas Nick: Multilaterale Kooperation ist eine Erfolgsgeschichte

Gesetz über Vorrechte, Immunitäten, Befreiungen und Erleichterungen in der Bundesrepublik Deutschland als Gaststaat internationaler Einrichtungen

Als Standort von Institutionen und Einrichtungen der Vereinten Nationen und der Europäischen Union hat Deutschland eine lange Tradition. Für diese Konstellationen verfügen wir auch über klare gesetzliche Regelungen, die eine Ansiedlung deutlich begünstigen.

So ist die Präsenz der Vereinten Nationen in Bonn vor allem seit dem Regierungsumzug kontinuierlich gewachsen. Heute befinden sich 20  Einrichtungen mit knapp  1 000 Mitarbeitern vor Ort, darunter das Freiwilligenprogramm der Vereinten Nationen und das Sekretariat des Rahmenübereinkommens der Vereinten Nationen über Klimaänderungen. Bonn ist nach den VN-Sitzen in Wien und Genf der größte Standort der Vereinten Nationen in Europa und einer wichtigsten Außenposten der Institution weltweit. Dies zeigt sich auch darin, dass seit 1999 bereits dreimal eine Weltklimakonferenz in der Bundesstadt stattgefunden hat.

Mit der Europäischen Zentralbank in Frankfurt am Main als einem der sieben EU-Organe ist auch die Europäische Union in Deutschland prominent vertreten. Daneben verfügen wir über weitere EU-Einrichtungen wie zum Beispiel die Europäische Agentur für Flugsicherheit in Köln.

Jenseits der Vereinten Nationen und der Europäischen Union ist die Präsenz internationaler Einrichtungen in unserem Land bislang jedoch noch steigerungsfähig. Zwar haben etwa das Europäische Patentamt in München und die Europäische Organisation für die Nutzung meteorologischer Satelliten (EUMETSAT) in Darmstadt ihren Sitz hier. Im internationalen Vergleich mit anderen westlichen Staaten wie zum Beispiel mit den traditionellen VN-Standorten wie Österreich oder der Schweiz nimmt Deutschland jedoch eine zurückgestellte Rolle ein.

Andere Gaststaaten haben durch die gezielte Gewährung von allgemeinen Vorrechten und Erleichterungen ihre Attraktivität als Standort deutlich erhöht. In der Schweiz gibt es bereits seit 2007 ein Gaststaatgesetz. Österreich hat zum Beispiel der Weltbankgruppe erst kürzlich umfassende Vorteile gewährt, um einen Ausbau der Präsenz der Institution in Wien zu erreichen.

Die bislang in Deutschland übliche Praxis, jeweils einzelne Sitzabkommen auszuhandeln, bringt in den Bewerbungsverfahren für die Ansiedlungen internationaler Einrichtungen deutliche Nachteile mit sich. Die Bundesregierung kann vor dem Verhandlungsbeginn beispielsweise keine verlässlichen Aussagen zu wichtigen Rahmenbedingungen wie etwa Immunitäten und Befreiungen von Steuern und Abgaben treffen.

Daher begrüßen wir ausdrücklich den vorliegenden Gesetzesentwurf, der Deutschlands Position im Standortwettbewerb um internationale Einrichtungen aufwertet. Dieser regelt zum ersten Mal die Ansiedlung internationaler Einrichtungen in Deutschland auch jenseits von Vereinten Nationen und Europäischer Union einheitlich und transparent.

Der Entwurf trägt zudem vor allem der veränderten Landschaft der internationalen Einrichtungen Rechnung.

Es wurden zum einen hybride Formen der internationalen Zusammenarbeit berücksichtigt. Darunter fallen internationale Institutionen wie etwa die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE), die keine Rechtssubjekte im Sinne des Völkerrechts sind. Auch quasizwischenstaatliche Organisationen, in denen Staaten und nichtstaatliche Mitglieder zusammenwirken, sind Teil der hybriden Gruppe. Diese spielen vor allem in der Umwelt- und Klimapolitik eine besondere und wachs- ende Rolle, was für den Standort Bonn von Bedeutung ist.

Darüber hinaus geht der Entwurf auf die sogenannten internationalen Nichtregierungsorganisationen ein. Die Zahl und Bedeutung dieser rein privatrechtlich organisierten, aber im öffentlichen Interesse handelnden Einrichtungen nimmt gleichfalls stetig zu.

Klar ist hierbei: Die zusätzliche Ansiedlung von internationaler Einrichtungen in Deutschland kann zweifelsohne auch bedeutende wirtschaftliche Vorteile für unser Land mit sich bringen. Ökonomische Überlegungen bestimmen jedoch nicht alleine unser Handeln.

Vielmehr spiegelt die Debatte hier auch unseren Einsatz für den Multilateralismus als ein zentrales Leitmotiv deutscher Außenpolitik wider. Gerade in Zeiten, in denen die Zusammenarbeit auf internationaler Ebene zunehmend infrage gestellt wird, muss deutlich werden: Multilaterale Kooperation ist eine Erfolgsgeschichte. Das Gaststaatgesetz setzt hierfür ein deutliches Zeichen.