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Christian Schmidt: Schön wäre: „neue Krisen – Fehlanzeige!“

Rede zu Deutschlands Mitgliedschaft im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen

Christian Schmidt (Fürth) (CDU/CSU):

Herr Präsident, herzlichen Dank. – Ich bemühe mich, § 35 Absatz 3 der Geschäftsordnung nicht in Anspruch zu nehmen.

Vizepräsident Wolfgang Kubicki:

Sie nicht, aber ich.

Christian Schmidt (Fürth) (CDU/CSU):

Multilateralismus in dem Sinne, dass sich die Staaten dieser Welt in ein gemeinsames Regelwerk, ein gemeinsames Ordnungswerk begeben, ist hochaktuell. Unser Land ist nur zu beglückwünschen, dass es im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen nun wieder für zwei Jahre eine Rolle spielt als – Herr Minister, Sie haben das gesagt – hochgeachtetes Mitglied mit nahezu einstimmiger Berufung. Das ist auch die politisch richtige und gegenwärtige Antwort auf das, Herr Kollege Hampel, was Sie angesprochen haben. Der Gedanke gründet sich, wie so vieles aus Deutschland, auf kantianische Politik, die zum ewigen Frieden führen soll. Weil noch gewisse Defizite bestehen, sind wir noch nicht angelangt.

Zum Thema Feindstaatenklausel: Sie ist in der Tat – auch rechtlich – obsolet.

(Armin-Paulus Hampel [AfD]: Das war auch mal Ihr Thema!)

Einen Punkt müssen Sie aber berücksichtigen, wenn Sie auf den „Müllhaufen“ rekurrieren: Der polnische Außenminister Skubiszewski hat 1993 bei der Generalversammlung der Vereinten Nationen auf Deutsch gesagt, dass die Klausel „auf den Müllhaufen der Geschichte“ gehört. Die Generalversammlung hat mit der Resolution, die im Jahr 1995 genau diesen Punkt betraf, reagiert.

Ich bin einig mit allen, die sagen: Bei der nächsten Flurbereinigung der Charta der Vereinten Nationen muss die Klausel weg, und die Charta muss ebenso wie die Zusammensetzung des Sicherheitsrates angepasst werden. Es muss zudem angepasst werden, dass sowohl beim Sicherheitsrat als auch bei den Strukturen wie dem Menschrechtsrat das Prinzip der Menschenrechte nicht nur hochgehalten wird, sondern sich diejenigen, die in den Strukturen vertreten sind, daran orientieren.

Ich bin zwar nicht erfreut, kann aber nachvollziehen, warum sich die Vereinigten Staaten aus diesen Gremien zurückziehen. Ich lade sie ein, wieder dabei zu sein, um etwas zu verändern; es muss verändert werden. Es kann nicht sein, dass Israel der einzige Fokus der Menschenrechtspolitik der Vereinten Nationen bleibt.

Ich bin sehr dafür, dass wir die Wege für Veränderungen suchen und der Verantwortung, die wir haben, gerecht werden. Zu den aktuellen Krisen werden weitere hinzukommen, die wir in kein Programm reinschreiben können. Schön wäre: „neue Krisen – Fehlanzeige!“, aber leider lehren uns die Geschichte und Erfahrung etwas anderes.

Wir müssen uns über die wichtigen Punkte der Veränderung klar werden. Dazu gehört auch, dass wir die Umsetzung der nachhaltigen Entwicklungsziele ernst nehmen, die wir uns erst vor einigen Jahren gegeben haben und die Antworten auf viele Fragen geben, die auch von Ihnen, Herr Kollege Schmidt, angesprochen wurden. Als Beispiel nenne ich die Bekämpfung des Hungers in der Welt: Kein Hunger in der Welt – das heißt, Entwicklungspolitik in einer ganz verantwortungsvollen Weise fortzusetzen und weiterzuentwickeln.

Wir müssen und wollen allerdings die Funktion der Vereinten Nationen als Schutzinstitution verstärken und die Diskussion über die Frage: „Wie können wir auf Krisen reagieren?“, verstärkt führen. Leider hat auch die Reform des Kapitel VII der Charta der Vereinten Nationen – es betrifft die Möglichkeit, bei Krisen Konflikte einzudämmen, durch einen Beschluss des Sicherheitsrates auch gewaltsam einzudämmen – nicht zu genügend Flexibilität geführt, insbesondere im Hinblick auf die Ausstattung der Vereinten Nationen: Peacekeeping, Friedenserhaltung, muss besser ausgestattet werden. Ich bin nach wie vor ein Anhänger der Ideen, die wir zuzeiten von Boutros-Ghali entwickelt hatten, dass auch die Vereinten Nationen eine eigenständige militärische Komponente brauchen. Wir werden bereit sein, uns auch zukünftig bei solchen Themen zu beteiligen. Wir sind auch sehr für Verrechtlichung. Ich glaube, Multilateralismus hat dann einen Sinn, wenn er auf der Basis des Rechts und der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte stattfindet und wenn er die Nürnberger Statuten, die wir in unserem Lande entwickelt haben und die auf die Nürnberger Gerichtsprozesse von 1945 bis 1948 zurückgehen, berücksichtigt und wir diesen im Rahmen des IStGH Kontinuität verleihen und zur allgemeinen Durchsetzung verhelfen.

Ich wünsche der Bundesregierung viel Erfolg bei ihrer verantwortungsvollen Arbeit für die Welt und für Deutschland.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)