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Christian Schmidt: Dieser Vertrag wird nur wirken, wenn er mit geistigem und geistlichem Leben erfüllt ist

Rede zum Gesetz über die jüdische Militärseelsorge

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, es ist gut 25 Jahre her, dass ein Rabbiner anlässlich eines Gesprächs mir gegenüber den Wunsch äußerte, mit dem damaligen Verteidigungsminister Volker Rühe sprechen zu dürfen, weil er der Meinung war, er würde einen guten Militärrabbiner für die Bundeswehr abgeben. Dieses Gespräch fand statt. So etwas war schon damals aus vielerlei Gründen intendiert, dieser Vorschlag wurde gerne aufgenommen, aber die Umsetzbarkeit war schwierig.

Dass es bis zur Umsetzung noch 25 Jahre gedauert hat, ist ein Zeichen dafür, dass in der Tat sehr vieles bedacht werden musste. Es wurde nun aber auch dringend Zeit. Herzlichen Dank an die Bundesverteidigungsministerin, dass sie diesen Vertrag jetzt abgeschlossen hat und damit eine Grundlage gelegt hat.

Dieser Vertrag ist aber nicht mehr als eine Grundlage; denn dieser Vertrag wird nur dann wirklich wirken, wenn er mit Leben erfüllt ist, mit geistigem und geistlichem Leben. Diese Aufgabe können natürlich nicht allein die Bundeswehrsoldatinnen und ‑soldaten, die jüdischen Glaubens sind, leisten, wie viele es auch immer genau sind. Es gibt eine entsprechende Organisation, den Bund jüdischer Soldaten, der sich geistig orientiert am Reichsbund jüdischer Frontsoldaten. Das waren übrigens diejenigen, die sich ganz bewusst und ganz dezidiert auf die kaiserliche Wehrmacht bezogen hatten und dann – es wurde bereits genannt – so elend und schlimm von diesem verbrecherischen Regime behandelt wurden. Es zählte nicht, welche Werte sie vertraten, sondern sie wurden hinauskomplimentiert, sie landeten in den Konzentrationslagern. – Jetzt ist ein neuer Anfang gemacht.

Bei dieser Gelegenheit will ich dem ersten jüdischen Wehrpflichtigen der Bundeswehr, Michael Fürst, dem heutigen Vorsitzenden des Landesverbandes der jüdischen Gemeinden von Niedersachsen, Hauptmann Berger, Oberst Römer-Hillebrecht, Oberstleutnant Hoffmann und auch unserem Oberstleutnant der Reserve Rabbiner Homolka für ihre Initiativen danken, die jetzt endlich zu diesem Ergebnis geführt haben. Damit wird eigentlich alles – so will ich es fast sagen –, was die Werteorientierung der Bundeswehr, die Himmeroder Denkschrift und das Prinzip der Inneren Führung ausmacht, umgesetzt.

Eines brauchen wir aber: Über die Gruppe der jüdischen Soldaten hinaus muss die ZDv 66/2 – dort stand es früher; ich glaube, jetzt ist die Bezeichnung anders und länger –, also der Lebenskundliche Unterricht, genutzt werden, um Verständnis zu wecken, um miteinander zu sprechen, auch um Unterschiede im gegenseitigen Respekt festzuhalten und festzustellen.

Ich erinnere mich an die Präsentation eines Gebetbuches für Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr, das die drei monotheistischen Religionen – das Christentum, das Judentum und den Islam – mit Gebeten zu vereinen versucht hat. Ich gebe zu, dass da mehr Unterschiede als Gemeinsamkeiten – jedenfalls zwischen der muslimischen Religion und den beiden anderen Religionen – festzustellen waren; und doch war es gut und wichtig.

Ich freue mich, dass das nun gelungen ist, und ich wünsche nicht nur den jüdischen Soldatinnen und Soldaten in der Bundeswehr, dass daraus neues gemeinsames Verständnis und Leben erwächst, das auch auf uns in der gesamten Gesellschaft ausstrahlt – wir haben es nämlich bitter nötig.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)