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Bettina M. Wiesmann: Es gibt einen sehr guten Jugendschutz, für minderjährige Rekruten

Rekrutierung von Minderjährigen für die Bundeswehr sofort beenden

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Tribüne! Die Anträge von Linken und Grünen – das wurde bereits gesagt – sind nicht neu, und so bleibt es auch bei unserer Antwort: Wir lehnen die Anhebung des Mindestalters bei der Bundeswehr auf 18 Jahre ab.

Sie argumentieren, liebe Fraktion der Linken, vor allen Dingen mit den brutalen Vorkommnissen und Erfahrungen aus der Horrorwelt von Krieg und Gewalt.

(Norbert Müller [Potsdam] [DIE LINKE]: Lesen Sie doch mal den Antrag!)

Diese gibt es; das ist richtig. Geschildert wurden auch dieser Tage wieder Schicksale von Heranwachsenden, die verschleppt und als Kindersoldaten zum Kriegsdienst gezwungen wurden. Es sind furchtbare Schicksale von Hunderttausenden von Kindern und Jugendlichen, die wir tatsächlich verhindern müssen. Die Bundesrepublik engagiert sich hier auch vollkommen zu Recht.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Doch was hat dies mit jungen Rekruten in der Bundeswehr zu tun?

(Katja Keul [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Internationale Verpflichtungen gelten immer nur für die anderen, oder wie?)

Ich sage Ihnen: rein gar nichts. In Deutschland wird kein Kind und kein Jugendlicher in den Militärdienst verschleppt. Er oder sie ist mindestens 17 Jahre alt und wird vor der freiwillig zu bekundenden Teilnahme intensiv beraten und vorbereitet, auf physische sowie mentale Tauglichkeit getestet. Vor allem müssen die Eltern dem Dienst in der Bundeswehr zustimmen. Als Familienpolitikerin ist mir dies besonders wichtig. Eltern kennen nämlich ihr Kind und können in diesem Alter noch zu-, aber auch abraten. Und – da bin ich mir sicher – sie nehmen diese Verantwortung sehr ernst.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)

Auch wenn die Eltern zustimmen, darf dieser junge Mensch bis zur Volljährigkeit keinen bewaffneten Dienst ausüben oder gar in einen Auslandseinsatz geschickt werden. Er kann in der Probezeit seinen Dienst jeden Tag sofort quittieren.

(Norbert Müller [Potsdam] [DIE LINKE]: Ja, aber danach nicht mehr!)

Deshalb ist die in Ihren Antrag eingearbeitete Beschreibung von Zuständen, in denen Kinder und Jugendliche – ich zitiere – „gewaltbasierte Handlungsstrategien bis hin zum Töten anderer Menschen erlernen und eigene Gewalterfahrungen machen“, suggestiv, irreal und absolut nicht angebracht;

(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Grigorios Aggelidis [FDP])

denn davon erleben 17-Jährige im Dienst der Bundeswehr nichts.

Auch die neurowissenschaftlichen Erkenntnisse, die Sie ins Feld führen, besagen nichts: Menschen unter 20 Jahre hätten noch kein vollausgebildetes Hirn und seien deshalb nicht in der Lage, dramatische Erfahrungen zu verarbeiten. Das Schöne ist: Unsere jungen Rekruten wachsen nicht in Kriegsgebieten auf, und sie kommen auch nicht dorthin, solange sie minderjährig sind.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)

Liebe Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, selbst Ihr Argument im Antrag kann nicht verfangen. Sie sagen, unser Engagement gegen die Beteiligung von Kindern, also von bis zu 14-Jährigen, an bewaffneten Konflikten wäre nur dann glaubwürdig, wenn wir die Rekrutierung von Minderjährigen in unserem Land gesetzlich verböten.

(Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Noch glaubwürdiger!)

Aber was hat das mit der Ausbildung von 17-Jährigen unter den beschriebenen vorbildlichen Bedingungen, großartigem Jugendschutz und besonderer Fürsorge der Bundeswehr zu tun? Wiederum rein gar nichts. Also kann unser Umgang mit dem Thema unserer Arbeit in den Gremien der UN und anderswo gar nicht im Wege stehen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU sowie des Abg. Grigorios Aggelidis [FDP])

Deshalb sind – auch wenn Sie von Glaubwürdigkeit sprechen; ich will Ihnen Ihre Absicht natürlich nicht absprechen – Ihre Anträge eben nicht so glaubwürdig. Sie rücken die dramatische Lage in anderen Weltgegenden bewusst in die Nähe der ganz anderen Realität an hiesigen Ausbildungsorten.

Vielleicht ist es aber auch so, dass es dem einen oder anderen einfach nicht gefällt, dass sich die Bundeswehr aktiv um den Eintritt qualifizierter junger Leute bemüht, die sonst woanders lernen und arbeiten würden.

(Katja Keul [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was ist mit der internationalen Verpflichtung, die wir eingegangen sind?)

Vielleicht sind Sie an einer einsatzfähigen und personell gut ausgestatteten Bundeswehr auch gar nicht so sehr interessiert.

Die Union und weite Teile des Hauses stehen zur Bundeswehr als Parlamentsarmee, überwacht und geführt durch Institutionen unseres demokratischen Rechtsstaats, dem sie Rechenschaft ablegen muss. Es gibt keine Wehrpflicht – sie ist ausgesetzt – und keine Zwangsrekrutierung. Aber es gibt einen sehr guten Jugendschutz für die kleine Gruppe noch minderjähriger Rekruten.

Letzter Satz: Die Bundeswehr darf daher nicht dem Vergleich mit kinderraubenden Bürgerkriegsarmeen ausgesetzt werden. Dieser Vergleich schadet ihrem Ansehen und schmälert ihren Auftrag, der unsere Sicherheit ist.

(Widerspruch des Abg. Tobias Pflüger [DIE LINKE])

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)