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(Quelle: picture alliance / dpa | Ulf Maude)

Appell für sofortige Waffenruhe in Bergkarabach

Aktuelle Stunde des Bundestags – Armenien und Aserbaidschan zu Verhandlungen aufgefordert

Im Konflikt um die kaukasische Region Bergkarabach hat die Unionsfraktion Armenien und Aserbaidschan zu einem unverzüglichen Ende der Kampfhandlungen aufgefordert. In einer aktuellen Stunde des Bundestages verlangte Unionsfraktionsvize Johann David Wadephul die „sofortige Rückkehr zu einem Waffenstillstand“. Es sei im deutschen und im europäischen Interesse, sich dafür einzusetzen, dass es keinen weiteren Krieg in Europa gebe. 

EU darf nicht auf der „Zuschauerbank“ bleiben

Wadephul appellierte an beide Seiten, sich zu einer friedlichen Beilegung des Konflikts, der seit Anfang der 1990er Jahre schwelt und Ende September neu aufgeflammt war, zu verpflichten. „Dieser Konflikt wird weder militärisch noch durch Einmischung von außen gelöst werden können“, sagte der stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, die die aktuelle Stunde gemeinsam mit dem Koalitionspartner beantragt hatte. 

Wadephul richtete einen Appell an die EU, sich stärker bei der Lösung des Konflikts zu engagieren. Sie dürfe sich nicht „auf die Zuschauerbank“ drängen lassen. Auch der CDU-Außenpolitiker Andreas Nick sagte, die EU könne durchaus eine „aktivere Rolle“ einnehmen.
Ziel muss nach Ansicht der Unionsfraktion eine politische Verhandlungslösung sein, die nur im Rahmen des sogenannten Minsker Prozesses erreicht werden kann. Die „Minsk-Gruppe“ innerhalb der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE), der auch Deutschland angehört, bemüht sich seit 1992 vergeblich um Frieden in der Region. Wadephul warnte Armenien und Aserbaidschan ausdrücklich, Vorbedingungen für Verhandlungen zu stellen. 

Türkei scharf kritisiert

Der Fraktionsvize begrüßte es, dass Armenien grundsätzlich zu einem Waffenstillstand bereit sei, bemängelte aber, dass es in dieser zentralen Angelegenheit zu viele Jahre habe verstreichen lassen. Er äußerte die Hoffnung, dass die jetzige politische Führung unter Präsident Nikol Paschinjan zu Verhandlungen ohne Vorbedingungen bereit sei. Aserbaidschan warnte er davor, seine derzeitige militärische Überlegenheit auszunutzen, wenn es nicht jede Unterstützung der EU verlieren wolle. 

Auch an die Türkei, die Aserbaidschan unterstützt, richtete Wadephul scharfe Worte. Von einem NATO-Partner erwarte er, dass er zu einer ernsthaften und seriösen Zusammenarbeit mit der EU und der NATO mit Blick auf die Beendigung des Konflikts bereit sei. „Unsere Geduld ist zu Ende“, sagte er. Nick warnte, der Konflikt berge eine „gefährliche Sprengkraft“ für die ganze Region. Er warnte vor einer Einmischung von außen. 

Die überwiegend von christlichen Armeniern bewohnten Enklave Bergkarabach hatte während des Zerfalls der Sowjetunion ihre Unabhängigkeit ausgerufen, die jedoch international nicht anerkannt wird. Völkerrechtlich gehört Bergkarabach zu Aserbaidschan. Während Armenien von Russland unterstützt wird, hat Aserbaidschan die Rückendeckung der Türkei. Seit dem Aufflammen des Konflikts Ende September gab es immer wieder heftige Gefechte, bei denen Hunderte Militärangehörige und zahlreiche Zivilisten getötet wurden.

Völkerrecht und Selbstbestimmungsrecht der Völker austarieren

„Wir verurteilen die Gewalt, die von beiden Seiten gegen die Zivilbevölkerung ausgeht“, sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Manfred Grund. Krieg und Terror seien der schlimmste Verstoß gegen das Völkerrecht. Grund erinnerte aber auch an das Recht der Menschen auf ein selbstbestimmtes Leben in der angestammten Heimat. Völkerrecht und Selbstbestimmungsrecht der Völker müssten sorgfältig gegeneinander abgewogen werden, forderte er. Auch Nick sprach von einem schwer aufzulösenden Gegensatz von der territorialen Souveränität Aserbaidschans und dem Selbstbestimmungsrecht der Armenier in der Enklave. 
Mit Blick auf den Völkermord der Armenier Anfang des 20. Jahrhunderts mahnte Grund, die Welt dürfe nicht wegschauen: „Wir sollten alles tun, dass sich Geschichte nicht wiederholt.“