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Annegret Kramp-Karrenbauer: Männer und Frauen der Bundeswehr sind darauf angewiesen, dass sie Rückhalt haben

Redebeitrag zum Jahresbericht des Wehrbeauftragten 2019

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Sehr geehrte Frau Wehrbeauftragte! Ich möchte mich an dieser Stelle ganz herzlich, auch wenn er heute nicht hier ist, beim Vorgänger von Ihnen, Frau Högl, für seine Arbeit bedanken, die er in den vergangenen Jahren im Interesse der und für die Männer und Frauen in der Bundeswehr geleistet hat, und für seinen Bericht, der ja heute von Ihnen vorgestellt worden ist.

Ich möchte mich bei Ihnen, Frau Högl, ganz herzlich dafür bedanken, dass Sie seit der Übernahme des Amtes so engagiert in die Bundeswehr eingestiegen sind, dass Sie uns auch jetzt mit Rat und Tat zur Seite stehen, wo es darum geht, ein großes Problem in der Bundeswehr – ich will das an dieser Stelle noch einmal deutlich sagen – aufzuklären und die richtigen Schlüsse zu ziehen, und zwar genau deshalb, weil es gegen die überwiegende Mehrheit der Soldatinnen und Soldaten in dieser Bundeswehr keinen Generalverdacht gibt und keinen Generalverdacht geben wird.

Deswegen sind wir es gerade diesen Soldatinnen und Soldaten, diesen Männern und Frauen, die ohne Zweifel auf dem Boden des Grundgesetzes stehen, die ohne Zweifel, ohne Wenn und Aber für die Werte dieses Grundgesetzes eintreten, schuldig, dass all diejenigen, die das nicht tun, in der Bundeswehr erkannt werden und dort, wo es geht, aus der Bundeswehr entfernt werden und dass wir alle Rahmenbedingungen, die ein solches Verhalten begünstigen, abstellen. Das ist die Aufgabe, die wir haben,

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP und des Abg. Martin Hohmann [AfD])

und dieser Aufgabe stellt sich auch das Ministerium.

Ich habe Ihnen, meine sehr geehrten Damen und Herren, vor wenigen Tagen im Verteidigungsausschuss den gegenwärtigen Stand der Ermittlungen und der Arbeiten in der von der Wehrbeauftragten genannten Arbeitsgruppe vorgestellt. Ich gehe davon aus – das ist das feste Ziel –, dass wir noch in der letzten Sitzungswoche vor der Sommerpause die Arbeitsergebnisse auf dem Tisch haben werden.

Das gilt auch – ich will das an dieser Stelle aus aktuellem Anlass ansprechen – für den bekanntgewordenen Fall eines Mitarbeiters des MAD, der Informationen weitergegeben hat. Er ist mittlerweile suspendiert. Die Strafanzeige ist gestellt. Die disziplinaren Vorermittlungen laufen. Auch hier werden wir nicht nur den Einzelfall betrachten, sondern uns auch anschauen, ob es möglicherweise weiter gehende Verbindungen gibt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, das ist deshalb wichtig, weil die Männer und Frauen der Bundeswehr darauf angewiesen sind, dass sie Rückhalt haben, dass sie akzeptiert werden – Rückhalt nicht nur hier im Bundestag. Sie sind eine Parlamentsarmee, und diese Parlamentsarmee braucht den Rückhalt des Bundestages. Sie braucht ihn dann, wenn sie weiß, dass sie in Einsätze geht. Deswegen ist es gut und richtig, dass wir das Verfahren der Mandatierungen haben. Sie braucht ihn dann, wenn es darum geht, dass wir als Haushaltsgesetzgeber die Weichen so stellen, dass Mängel, die im Bericht des Wehrbeauftragten/der Wehrbeauftragten zu Recht kritisch angesprochen worden sind, nämlich die Frage der Ausstattung und der Ausrüstung, der Einsatzfähigkeit, der Einsatzbereitschaft, auch entsprechend abgestellt werden können.

Und sie braucht und alle Aufrechten in der Bundeswehr brauchen auch in den nächsten Wochen die Unterstützung des Bundestages, wenn es darum geht, die geplanten Änderungen im Soldatenrecht zügig zu beraten und umzusetzen, damit wir nämlich all diejenigen, von denen ich eben gesprochen habe, auch wenn sie länger in der Bundeswehr sind, nämlich bis ins achte Jahr hinein, aus der Bundeswehr entfernen können, wenn dies der Anlass gebietet. Hier bitte ich Sie ganz herzlich um Ihre Unterstützung und um Ihr Mittun.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, es ist eben der Bereich „Innere Führung“ angesprochen worden, und das ist aus meiner Sicht ein sehr wesentlicher Teil des Berichtes der Wehrbeauftragten. Denn ja: Wir können Soldatinnen und Soldaten ausbilden, wir können ihnen die neuesten Dinge mitgeben. Aber die entscheidende Frage für die Bundeswehr als Ganzes und für jeden einzelnen Soldaten und für jede einzelne Soldatin ist die Frage der Haltung. Nur wenn die Soldatinnen und Soldaten die richtige Haltung zeigen, nämlich eine, die auf dem Grundgesetz fußt und die die Werte dieses Grundgesetzes auch wirklich nach außen ausdrückt, nur wenn das der Fall ist, dann ist die Bundeswehr auch in Zukunft eine Bundeswehr aus der Mitte der Gesellschaft, eine Armee, die in dieser Gesellschaft ihren Rückhalt und ihre Akzeptanz hat.

(Beifall des Abg. Dr. Fritz Felgentreu [SPD])

Deswegen wollen wir insbesondere die Maßnahmen, die im Bereich der Inneren Führung als Reformen aufgesetzt worden sind, weiter vorantreiben.

Manches davon, was im Bericht des Wehrbeauftragten angesprochen worden ist, haben wir schon in die Umsetzung hineingegeben, etwa das Handgeld für die Kommandeure, aber anderes wartet noch auf eine Umsetzung. Wir haben hier eine große Aufgabe vor uns, und diese Aufgabe muss schneller und muss mit mehr Dynamik umgesetzt werden, als das bisher der Fall war.

Der Jahresbericht der Wehrbeauftragten ist auf der einen Seite ein Bericht, der deutlich macht, wo wir praktische Mängel sehen. Er spiegelt wider, wo sich Soldatinnen und Soldaten an die Wehrbeauftragte als Institution wenden, wo sie ihre eigenen Beschwerden und Besorgnisse haben, und er spiegelt wider, wo wir strukturelle Probleme haben. Ein ganz bestimmter Einzelfall ist vor Kurzem, hier bei meiner Regierungsbefragung im Januar, von der Abgeordneten Ulla Schmidt angesprochen worden. Sie haben damals aufgebracht, dass ein Stabsoffizier in unsäglicher Weise behinderte Menschen vor der Truppe herabgewürdigt hat. Diesen Fall haben wir aufgegriffen und Ihnen einen ausführlichen Brief dazu geschrieben.

Ich will an dieser Stelle ganz deutlich sagen: Der Pflichtverstoß dieses Soldaten war eklatant, und dieser Fall wurde richtigerweise und der Schwere des Vergehens entsprechend dem Truppendienstgericht vorgelegt. Die getroffene richterliche Entscheidung zu bewerten, steht mir als Verteidigungsministerin nicht zu. Jenseits des Disziplinarverfahrens aber wurde nicht schnell und nicht konsequent genug gehandelt. Wir haben uns darum gekümmert, und wir haben sichergestellt, dass, wer als Vorgesetzter die Menschenwürde nicht achtet, nicht in Führungsfunktionen eingesetzt werden kann. Das ist in diesem Fall auch so verfügt worden. Auch hier sehen wir, dass Dinge, die im Bericht aufgegriffen werden, uns helfen, in der Bundeswehr insgesamt besser zu werden. Deswegen ist dieser Bericht notwendig, und deswegen bin ich für diese Hinweise auch dankbar.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, es geht aber auch um strukturelle Fragen. Es geht um grundlegende Anregungen und Anstöße, die wir aufnehmen, zum Beispiel, indem wir die Bausteine unseres Engagements in der Sahelzone mit der neuen Mandatierung besser zusammensetzen, um unser Ausbildungsengagement in Niger dabei mit berücksichtigen zu können. Völlig zu Recht pocht die Wehrbeauftragte auf die Umsetzung der Maßnahmen aus dem Programm „Innere Führung Heute“; das habe ich eben schon erwähnt.

Was aber besonders drängend ist und was in dem Bericht angemahnt wird, ist, dass die Modernisierung der Bundeswehr schneller in der Truppe ankommen muss. Deswegen haben wir Anfang dieses Jahres die Initiative Einsatzbereitschaft ins Leben gerufen. Erste Maßnahmen und Auswirkungen können Sie dem Bericht zur Einsatzbereitschaft entnehmen; der Generalinspekteur hat ihn gerade vorgelegt.

Ich bin sehr stolz darauf, was unsere Männer und Frauen leisten, insbesondere in Zeiten von Corona. Sie stellen die Landes- und Bündnisverteidigung sicher. Sie sind treue Alliierte und Gefährten in den internationalen Missionen. Und sie helfen in Zeiten von Corona ganz aktuell und unbürokratisch bei den Vorfällen, die wir rund um Gütersloh, rund um die Schlachthöfe und die Fleischfabriken dort erleben. Das heißt, wir können uns, die Bürgerinnen und Bürger können sich auf die Bundeswehr, können sich auf ihre Soldatinnen und Soldaten verlassen.

Ich darf mich herzlich für die Unterstützung für unsere Männer und Frauen bedanken, die Sie ihnen gewähren, und ich darf mich herzlich bei der Wehrbeauftragten für ihre Arbeit und für den Bericht bedanken; denn dieser Bericht hilft uns dabei, dass die Bundeswehr noch besser wird, als sie es schon ist.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)