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Annegret Kramp-Karrenbauer: Die jüdische Militärseelsorge ist von einer herausragenden Bedeutung

Rede zum Gesetz über die jüdische Militärseelsorge

Annegret Kramp-Karrenbauer, Bundesministerin der Verteidigung:

Frau Präsidentin! Verehrte Abgeordnete! Ende Dezember des vergangenen Jahres haben wir mit dem Zentralrat der Juden in Deutschland einen Staatsvertrag geschlossen. Das ist der Rahmen, der die Seelsorge für die jüdischen Menschen in der Bundeswehr organisiert, genauso wie das bei der christlichen Militärseelsorge der Fall ist. Diesen Staatsvertrag wollen wir jetzt umsetzen. Dafür bedarf es des Gesetzes über die jüdische Militärseelsorge, und darum geht es heute. Was in so nüchternen Worten daherkommt, ist ein wahrlich historischer Schritt; denn mit diesem Staatsvertrag und diesem Gesetz räumen wir jüdischem Leben und der Unterstützung der Religionsausübung in der Bundeswehr wieder den Raum und den Platz ein, den es verdient hat.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie des Abg. Dr. Tobias Lindner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

In der Bundeswehr, meine sehr geehrten Damen und Herren, dienen die unterschiedlichsten Männer und Frauen – unabhängig von der Frage, welches Geschlecht sie haben, welche sexuelle Orientierung, welche Hautfarbe, was sie glauben. Und das ist gut so. Sie alle stehen auf dem Boden des Grundgesetzes und sind getragen von einem Wunsch, nämlich Deutschland und den Menschen in Deutschland zu dienen. Und das ist ein nicht immer einfacher Dienst. Das ist ein Dienst, der viele von ihnen, gerade in den Einsätzen, auch in existenzielle Fragestellungen führt.

Deswegen ist es richtig, dass wir uns mit Blick auf die Soldatinnen und Soldaten in der Bundeswehr eben nicht nur über die Fragen der materiellen Einsatzbereitschaft ihrer Ausrüstung unterhalten, sondern dass wir ihnen auch das zugestehen, was ihnen gesetzlich zugesichert ist, nämlich die entsprechende Seelsorge. Das tun wir seit vielen Jahren und Jahrzehnten im Sinne der katholischen und der evangelischen Militärseelsorge, die im Übrigen auch bisher schon allen Männern und Frauen in der Bundeswehr offenstand. Deswegen darf ich mich an dieser Stelle auch bei allen Seelsorgerinnen und Seelsorgern, die das bisher geleistet haben, ganz herzlich bedanken. Das war über die Religionsgemeinschaften und über die Konfessionen hinweg immer ein sehr, sehr guter Dienst, und dies wird auch weiter so bleiben.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP und des Abg. Dr. Tobias Lindner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Aber, meine sehr geehrten Damen und Herren, wir haben eben auch zunehmend sehr unterschiedliche Gruppen in der Bundeswehr. Wir haben eine zunehmend größere Gruppe von orthodoxen Christinnen und Christen. Wir haben eine zunehmend größere Gruppe von Muslimen in der Bundeswehr, und auch für die – das will ich an dieser Stelle deutlich sagen – wollen wir für die Zukunft entsprechende Angebote machen, wobei wir wissen, dass gerade die Debatte um die Einführung einer muslimischen Seelsorge eben auch kompliziert ist, weil es den einen Ansprechpartner so nicht gibt. Aber wir werden diesen Weg weitergehen.

Und trotzdem – gerade mit Blick auf unsere Geschichte – ist die jüdische Militärseelsorge von einer herausragenden Bedeutung. Deswegen bin ich stolz, dass wir es geschafft haben – in schwierigen Verhandlungen –, dass noch im Laufe dieses Jahres ein Militärrabbinat in Berlin eingerichtet wird und dass die ersten Militärrabbiner und ‑rabbinerinnen eingestellt werden. Ihre Tür steht allen Angehörigen der Bundeswehr offen. Sie werden Trost spenden, Kraft geben, Wege aufzeigen, Verständnis schaffen, zum Beispiel mit gemeinsamen Gebeten und Gottesdiensten oder im vertrauten und vertraulichen Gespräch, aber auch im Rahmen von Aus- und Fortbildungen des Lebenskundlichen Unterrichtes.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, damit werden sie auch einen praktischen Beitrag zum Kampf gegen Antisemitismus leisten. Ich will auch aus aktuellem Anlass an dieser Stelle noch einmal sagen, dass wir es nicht dulden werden, dass ich es nicht dulden werde, dass die Bundeswehr und dass die überragende Anzahl von Männern und Frauen, die dort auf dem Boden des Grundgesetzes und im Übrigen auch mit einem hohen Respekt gerade vor Jüdinnen und Juden ihren Dienst verrichten, von denjenigen, die nicht auf dem Boden des Grundgesetzes stehen, die radikal auffallen, die antisemitisch auffallen, in Mitleidenschaft gezogen werden.

Deswegen setzen wir ein klares Zeichen gegen Rechtsradikalismus, gegen Antisemitismus in der Bundeswehr. Menschen mit jüdischem Leben, mit dem jüdischen Glauben vertraut zu machen, auch in der Bundeswehr, ist ein weiterer Beitrag dazu. In diesem Sinne bitte ich Sie herzlich um Unterstützung dieses Gesetzentwurfes.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP)

Annegret Kramp-Karrenbauer