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Alois Karl: Die Humanitäre Hilfe hat die notwendige finanzielle Ausstattung erfahren

Auswärtiges Amt (Epl. 05)

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich schließe die Debatte heute damit, dass ich sage: Wir haben in den letzten eineinhalb Stunden etliche gute Reden von der Opposition gehört – und etliche sehr gute von der Koalition,

(Heiterkeit bei der CDU/CSU, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

die alle darin gegipfelt haben, dass sie Schwerpunkte der Außenpolitik aufgezählt haben, Wünsche, Notwendigkeiten usw. Von den guten Reden nehme ich die von Frau Deligöz jetzt mal aus; auf Sie komme ich noch zu sprechen, Frau Deligöz.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD, der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Aber die Reden haben doch eines gemeinsam: Alles muss finanziert werden. Wenn zuerst die Fachpolitiker, in dem Fall die Außenpolitiker, reden, muss man doch sagen: Die Haushaltspolitiker haben das letzte Wort.

(Omid Nouripour [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das wird bis zum Ende aller Tage so sein!)

So wird das auch in diesen Haushaltsberatungen sein. Ende November, wenn die zweite Lesung stattfindet, werden wir viel gesprochen haben, viel diskutiert haben, viel abgewogen haben und nicht alle Wünsche erfüllt haben in diesem doch sehr ungewöhnlichen Jahr 2018, wo wir vor ungefähr vier Monaten das erste Mal in diesem Jahr eine letzte Lesung gehabt haben. Ich glaube, es ist kein Parlamentarier hier im Saal, der sich erinnern könnte, dass es eine so kurze Taktung von Haushaltsberatungen gegeben hätte; wenn der Saal noch voller wäre, wäre, glaube ich, auch keiner da, der sich daran erinnern könnte.

Also, wir haben viel Arbeit und werden das machen – ich danke jetzt schon den Kollegen, die sich mit uns befassen müssen, auch den Mitarbeitern –; denn es geht doch um große Summen: 356 Milliarden Euro, fast 357 Milliarden Euro für den Gesamthaushalt, 5,6 Milliarden Euro für unseren Haushalt, den des Bundesaußenministers. Da verbietet es sich natürlich, kurzen Prozess zu machen; alles muss akribisch, detailgerecht, sorgfältig abgehandelt werden, und wir sind ja schon mittendrin.

Vorderhand, meine Damen und Herren, könnte man sich freuen: Unser Haushalt steigt um 123 Millionen Euro. Aber 233 Millionen Euro müssen wir schon zusätzlich für die Beiträge zu den Vereinten Nationen ausgeben. Durch einfache Subtraktion, Frau Deligöz, kann man ermitteln, dass wir somit 110 Millionen Euro weniger für unser operatives Geschäft zur Verfügung haben. Wir finden: Das ist keine gute Entwicklung. Die Aufgaben steigen und die Ausgaben, meine Damen und Herren, dürfen nicht sinken.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und der FDP)

Mit Magerkost können wir uns da nicht zufriedengeben.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, gerade im wichtigsten Kapitel, das wir im Haushalt des Auswärtigen Amtes haben – Sicherung von Frieden und Stabilität; dafür stehen 3 Milliarden Euro zur Verfügung, mehr als 50 Prozent unseres Haushalts –, haben wir uns auf hohem Niveau eingependelt. Was innerhalb dieses Kapitels den Hauptschwerpunkt ausmacht, ist die humanitäre Hilfe. Dafür geben wir wahrscheinlich 1,5 Milliarden Euro aus. So sind die Haushaltsansätze. Das ist in den letzten Jahren ganz gewaltig gestiegen.

Liebe Frau Deligöz, Sie haben vorhin die Zahl 150 Millionen Euro genannt, um die die Mittel für humanitäre Hilfe sinken würden. Sie bringen da dummerweise Ist und Soll durcheinander. Wir haben im Jahr 2017 für die humanitäre Hilfe 1,2 Milliarden Euro im Haushalt gehabt; wir haben 1,7 Milliarden Euro ausgegeben. Im letzten Jahr haben wir 1,5 Milliarden Euro im Haushalt gehabt, ebenso in diesem Jahr. Soll und Haben, Ist und Soll dürfen Sie nicht durcheinanderbringen. Gut, dass es keine Aufnahmeprüfung gibt, wenn man in den Haushaltsausschuss muss.

(Heiterkeit des Abg. Armin-Paulus Hampel [AfD])

Sie müssten in den wenigen Wochen eigentlich schon mitgekriegt haben, dass das, was wir ansetzen, nicht mit dem übereinstimmt, was während des Jahres zusätzlich an Notwendigkeiten hinzukommt. Wir sind flexibel, das zu reparieren und die Haushaltsansätze anzupassen.

(Dr. Franziska Brantner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie haben es zu niedrig eingestellt! Geben Sie es doch zu!)

Humanitäre Hilfe hat die finanzielle Ausstattung erfahren, die notwendig war. Darauf sind wir sehr stolz.

Vizepräsident Wolfgang Kubicki:

Herr Kollege, erlauben Sie eine Zwischenfrage der Kollegin Deligöz?

Alois Karl (CDU/CSU):

Ja, ich habe es geahnt.

Ekin Deligöz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Geschätzter Kollege Karl, wir sitzen gemeinsam im Ausschuss. Umso mehr wundert mich, dass Sie jetzt eine Rechnung aufmachen, die vorne und hinten nicht stimmt. Sie wissen doch, dass Sie die Ansätze für die humanitäre Hilfe, entgegen der Warnung der Grünen, zu niedrig angesetzt haben, was zur Folge hatte, dass wir im letzten Jahr über die „üpl.“, also überplanmäßige Ausgaben, noch mal nachschießen mussten. In diesem Jahr haben Sie sie wieder zu niedrig angesetzt. Jetzt sind wir aber schon so weit fortgeschritten, dass Sie nicht wirklich rechtfertigen können, mit „üpl.“ zu hantieren.

Was ich vorher als Warnung ausgesprochen habe, tritt jetzt ein. Was zu niedrig ist, ist zu niedrig. Dem UNHCR fehlen dieses Jahr circa 150 Millionen Dollar. Davon ist auch sein Syrien-Programm betroffen. Sie können es hin- und herrechnen – mit dem Rechnen und Wiegen ist es immer so eine Sache –, wie Sie wollen, aber von Haushälterin zu Haushälter kann ich Ihnen sagen: Denken Sie an die „üpl.“, die haben Sie nämlich vergessen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)

Alois Karl (CDU/CSU):

Man kann über alles debattieren, bloß nicht über Adam Riese. Wir haben im letzten Jahr ebenso wie in diesem Jahr 1,5 Milliarden Euro im Haushalt dafür gehabt. Was ausgegeben wird, wissen wir beide nicht.

(Ekin Deligöz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Doch!)

Wenn wir Hellseher wären, wüssten wir, was wir 2018 ausgeben.

(Ekin Deligöz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Natürlich, das haben wir doch abgefragt! Sie saßen doch neben mir!)

Ich sage Ihnen nur, dass wir in jedem Jahr mehr eingesetzt und mehr für humanitäre Hilfe ausgegeben haben als im Jahr zuvor.

Ich nenne Ihnen die Zahlen. Noch vor wenigen Jahren – 2012, vor sechs Jahren – hatten wir für diesen Posten 105 Millionen Euro im Haushalt. Vor zwölf Jahren, im Jahr 2006, hatten wir noch 70 Millionen. Jetzt haben wir das 25-Fache von dieser Zahl. Was die Zahl für 2012 angeht: Wir geben das 15-Fache von dem aus, was wir noch vor sechs Jahren im Haushalt für humanitäre Hilfe hatten.

Meine Damen und Herren, ich führe das etwas dichter aus, weil ich mir von niemandem vorhalten lassen möchte, wir würden auf dem Gebiet der humanitären Hilfe uns nicht außerordentlich anstrengen, sondern wir würden hintenanstehen. Richtig ist vielmehr: Wir machen unsere Aufgaben, und wir sehen die Not in der ganzen Welt. Wir sind mit unseren hohen, außerordentlich hohen Beiträgen bei der Hand und helfen, die Not abzufedern und unsere Aufgabe zu erfüllen. Die humanitäre Hilfe ist ein großartiges Kapitel der deutschen Außenpolitik, liebe Frau Deligöz. Wir lassen uns da von niemandem übertreffen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Wir wissen natürlich, dass wir aufgrund dieser hohen Ausgaben in der humanitären Hilfe keine Freudensprünge machen können. Wir wissen, dass diese Hilfe notwendig ist, weil es schlimmste menschliche Katastrophen auf der Welt gibt: Hungersnöte, Bürgerkriege, Naturkatastrophen, Flucht usw. Aber wir – Ihr Vorgänger, Herr Bundesaußenminister, und Sie auch – reagieren darauf mit ganz großer Sympathie und mit großem Nachdruck. So werden wir das auch in der Zukunft machen.

Meine Damen und Herren, wir sind auch parat, wenn es darum geht, andere Organisationen, die im humanitären Bereich tätig sind, zu unterstützen. Wir verdoppeln die ungebundenen Mittel für das Rote Kreuz in diesem Jahr. Wir verdoppeln die ungebundenen Mittel für den UNHCR, also das Hilfswerk der Vereinten Nationen. Und wir verdoppeln auch die ungebundenen Mittel für die UNRWA, die Hilfsorganisation der Vereinten Nationen in den besetzten palästinensischen Gebieten.

Wir sehen, lieber Herr Bundesaußenminister, eine schlimme Entwicklung, weil der amerikanische Präsident Trump am 25. August dieses Jahres verfügt hat, dass die Unterstützungsmittel für die UNRWA gestrichen werden sollen.

Vizepräsident Wolfgang Kubicki:

Herr Kollege, kommen Sie bitte zum Schluss.

Alois Karl (CDU/CSU):

Wir sehen eine große Not auf die Menschen in den besetzten palästinensischen Gebieten zukommen.

(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)

Im Verbund mit unseren Partnern werden wir versuchen, das möglichst auszugleichen.

Wir wünschen uns gute Beratungen, einen guten Haushalt und gute Erfolge in unserer Außenpolitik, auch in den nächsten Monaten.

Vielen herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)