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Armin Schuster: "Dieser Untersuchungsausschuss hat den Auftrag, notwendige Sachaufklärung zu betreiben"

Rede zur Einsetzung eines 1. Unterschungsausschusses (Amri)

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich war Mitglied in zwei Untersuchungsausschüssen zum Thema NSU-Mordtrio. Liebe Frau Mihalic und Frau von Storch, ich habe die Hoffnung, dass wir den Geist, den diese beiden Untersuchungsausschüsse atmeten, auch dieses Mal hinbekommen, weil die Untersuchungsgegenstände in bestimmter Weise vergleichbar sind: Wir haben Tote und Verletzte zu beklagen, und die Angehörigen tragen ein immenses Leid. Ich finde es angesichts dessen nicht passend, wenn wir uns in parteipolitischen, kniebohrerischen Diskussionen ergehen. Ich könnte jetzt sagen: Herr Kauder hat euch im Januar 2017 die Einrichtung eines Untersuchungsausschusses angeboten. – Aber lassen wir das.

(Filiz Polat [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir haben einen verfassungsrechtlichen Auftrag!)

Ich glaube, dieser Untersuchungsausschuss hat den Auftrag, notwendige Sachaufklärung zu betreiben, Frau von Storch.

(Filiz Polat [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja! Das ist unser Auftrag!)

Wir sollten nicht einen Grund herbeireden, der wirklich fachlicher Unfug ist. Die Attentäter vom Bataclan und Stade de France in Paris vergleiche ich mit einem IS-Kommandounternehmen; so dezidiert war dieser Anschlag vorbereitet. Albakr in Dresden war vom IS geführt. Hochwahrscheinlich stellen wir in diesem Untersuchungsausschuss fest, dass auch Anis Amri stark geführt war. Mohammed Atta war ein Student und Flugschüler. Was will ich damit sagen? Der IS hat 1 001 Möglichkeiten, Legendenbildung zu betreiben und – leider – professionell Terroranschläge zu begehen. Dass er jetzt Flüchtlinge nimmt, soll genau dem Zweck dienen, den Sie an diesem Rednerpult gerade erfüllt haben. Der IS begeht zwei Anschläge in einem: Er begeht den Anschlag und sorgt dafür, dass Kräfte wie Sie behaupten, die Anschläge seien von Flüchtlingen begangen worden, die Flüchtlinge seien schuld.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD, der FDP und der LINKEN – Lachen bei Abgeordneten der AfD)

Das, meine Damen und Herren, ist einfach unfachmännisch. Deswegen lade ich Sie ein – ich lade Sie wirklich ein –: Lassen Sie uns Sachaufklärung betreiben.

Frau von Storch, mir hat gefallen, dass Ihre Rhetorik nicht durchgängig skandalisierend war. Sie waren manchmal richtig fachlich.

(Irene Mihalic [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ein Annäherungsversuch!)

Ja, wir müssen die justiziellen Systemprobleme erkennen. Wir müssen fragen: Warum gab es keine Sammelverfahren? Wie stark war das Netzwerk um Amri? Wie wurde geführt? – Das alles müssen wir feststellen.

(Irene Mihalic [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Mit Frau von Storch Seite an Seite!)

Aber das hat nichts mit Asylverfahren zu tun. Die Frage ist: Können wir die Bundesanwaltschaft besser ausrüsten? Können wir das GTAZ stärken oder was auch immer? Das nenne ich Sachaufklärung.

Dieser Untersuchungsausschuss hat eine ganz entscheidende Frage zu klären: Stellen wir uns einmal vor, alle individuellen Einzelfehler, die Herr Jost in Berlin, die der Untersuchungsausschuss in NRW und die Taskforce des PKGr schon aufgeklärt haben, wären nicht vorgekommen: Hätte dann das System funktionieren können, das System einer föderalen Sicherheitsarchitektur, in der knapp 40 Behörden für diesen Fall zuständig waren? Diese Frage müssen wir im Bund klären. Die kann niemand anders klären. Die Nordrhein-Westfalen haben auf ihren Fall geguckt und die Berliner auf ihren. Unsere Aufgabe ist es, die Frage zu stellen: Funktioniert eigentlich das System?

(Irene Mihalic [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sehr richtig!)

Ich bin den Jamaika-Sondierern und den GroKo-Sondierern sehr dankbar. Ich zitiere nur einmal die GroKo-Sondierungsergebnisse – bei den Jamaika-Sondierungen war es ähnlich –: Wir müssen wissen, ob für Terrorgefährder gemeinsame Standards, verbindlicher Umgang, einheitliche Praxis und klare Zuständigkeiten geschaffen werden müssen. – Dieser Untersuchungsausschuss hat die hervorragende Möglichkeit, die Koalitionsverhandlungen und, wenn es zur GroKo käme, das anschließende Regierungshandeln sehr wertvoll zu unterstützen.

(Abg. Thomas Ehrhorn [AfD] meldet sich zu einer Zwischenfrage)

Vizepräsidentin Petra Pau:

Kollege Schuster, achten Sie bitte auf die Zeit. Ich kann jetzt auch keine Fragen oder Ähnliches mehr zulassen.

Armin Schuster (Weil am Rhein) (CDU/CSU):

Ich lasse aber die Frage zu.

Vizepräsidentin Petra Pau:

Das ist aber zu spät.

Armin Schuster (Weil am Rhein) (CDU/CSU):

Schade.

Vizepräsidentin Petra Pau:

Wenn das Minus erscheint – das wissen Sie als erfahrener Kollege –, dann ist es vorbei.

Armin Schuster (Weil am Rhein) (CDU/CSU):

Meine Damen und Herren, dieser Untersuchungsausschuss wird eine wertvolle Arbeit leisten, wie andere auch. Eines ist ganz wichtig: Der Respekt gegenüber Opfern und Angehörigen, denen immenses Leid zugefügt wurde, gebietet es, dass wir schonungslos aufklären. Ich hoffe, wir tun es gemeinsam und sachorientiert.

Danke schön.

(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP)