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Antje Tillmann: Wir haben massive Fortschritte für Einleger erreicht

Rede in der Aktuellen Stunde zu einer europäischen Bankenunion

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Frau Kollegin Stark-Watzinger, es ist keineswegs so, dass das Thema Bankenunion bisher hinter verschlossenen Türen diskutiert worden wäre. Auch ohne die FDP hat es dieser Deutsche Bundestag in der letzten Legislaturperiode geschafft, sich in zwei Beschlüssen mit der Einlagensicherung zu befassen. Ich empfehle Ihnen die Beschlüsse vom 4. November 2015 und vom 23. Februar 2016. Da haben wir intensiv darüber diskutiert und uns natürlich auch mit den Problemen der Bankenunion beschäftigt.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Das werden wir auch weiterhin tun.

Im Gegensatz zu Ihnen mit Ihrer sehr kritischen Rede sind wir aber fest davon überzeugt: Wir brauchen Europa, wir wollen Europa. Wir waren in Europa auch schon auf einem sehr guten Weg zur Regulierung der Finanzmarktkrise.

(Christian Dürr [FDP]: Das ist doch kein Gegenteil! – Weiterer Zuruf von der FDP)

– Wenn Sie kurz zuhören, will ich Ihnen gerne sagen, was wir schon alles an Positivem erreicht haben.

Wir haben mit dem Stresstest begonnen.

(Lachen der Abg. Dr. Alice Weidel [AfD])

Über 130 Banken sind von der EZB geprüft worden. 25 Banken haben eine Kapitalunterdeckung aufgewiesen. Diese 25 Banken haben Kapital herangeschafft, sodass es zu einer Risikominderung gekommen ist.

(Dr. Alice Weidel [AfD]: Na klar!)

Wir haben eine europäische Aufsicht. Diese Aufsicht funktioniert immer besser und so gut, dass wir darüber nachdenken, ob man über eine Small Banking Box diese Regulierung bei kleineren Banken erleichtern könnte.

Den Bankenabwicklungsmechanismus haben Sie beschrieben. Wir haben die Regelung, dass Steuerzahler in Europa nur noch in Ausnahmefällen für Abwicklungsbanken bezahlen müssen. Das haben wir über einen Mechanismus sichergestellt, den Bail-in, wonach Eigentümer und Anteilseigner vorrangig haften. Wir haben einen Abwicklungsfonds mit bis zu 55 Milliarden Euro installiert, der schon zu einem Drittel angespart wurde. Auch da haben wir Sicherheit in die Finanzmärkte gebracht.

(Dr. Alice Weidel [AfD]: Klar!)

Wir haben die Einleger über eine Einlagensicherung geschützt. Alle Banken Europas müssen einem nationalen Einlagensicherungssystem angehören. Das ist ein Riesenschritt in die richtige Richtung. Einlegern können bis zu 100 000 Euro grenzüberschreitend ausgezahlt werden, in Sondersituationen sogar bis 500 000 Euro. Das ist ein guter Schritt in Europa. Ich finde, es gehört zu einer ehrlichen Debatte, zu sagen, dass wir massive Fortschritte für Einleger erreicht haben.

Natürlich weiß ich, dass es noch eine Menge zu tun gibt. Sie haben zu Recht darauf hingewiesen, dass der Ecofin-Rat am 17. Juni 2016 genau das gesagt hat. Wir haben die ersten Schritte gemacht; ihnen müssen weitere folgen. Der wichtigste nächste Schritt ist die Risikoreduzierung, der Abbau notleidender Kredite. Eine Quote von durchschnittlich 4,6 Prozent an Non-Performing Loans in Europa ist zu viel; einige Staaten weisen sogar eine Quote von 46 Prozent auf. Wir brauchen europäische Benchmarks, mit denen die durchschnittliche Quote der Non-Performing Loans in Europa reduziert wird.

Wir müssen auch das Insolvenzrecht harmonisieren. Wir brauchen europäische Vorgaben, wie bei faulen Krediten in Sicherheiten vollstreckt werden kann. In manchen Staaten geht das recht zügig; andere Staaten brauchen Jahre, bis in die Sicherheiten vollstreckt werden kann.

Wir merken, dass der Bail-in-Puffer in Europa schon wieder infrage gestellt wird. Wir werden aber darauf bestehen; darin sind wir uns mit unserem ehemaligen Finanzminister Schäuble und unserem jetzigen Finanzminister Altmaier einig. Unser Staatssekretär kämpft auf allen Ebenen in Europa dafür, dass die von uns eingeführte Grenze nicht wieder infrage gestellt wird.

Ich erwähne die latenten Steuern; das haben Sie noch gar nicht genannt. Natürlich dürfen Nationalstaaten über die Behandlung von latenten Steuern nicht weitere Risiken in die Bankbilanzen schieben.

(Christian Dürr [FDP]: Alles tutti, oder wie?)

Bei Staatsanleihen geht es um dasselbe Thema. Wir müssen uns über die Risikogewichtung von Staatsanleihen unterhalten und dabei aber auch im Blick behalten, dass die Staaten, die dank des Rettungsschirms wieder gut dastehen, nicht zusätzliche Probleme bekommen.

Ich teile Ihre Auffassung, dass es noch viel zu tun gibt. Ich teile nicht Ihre Auffassung, dass wir uns bisher nicht erfolgreich auf den Weg gemacht haben. Ich glaube, es macht keinen Sinn, alles schlechtzureden und die schlechten Seiten in den Vordergrund zu stellen. Es macht vielmehr Sinn, unserem künftigen Finanzminister gemeinsam mit auf den Weg zu geben, was wir wollen. Wir wollen zuerst eine Risikoreduktion, danach kann der zweite Schritt erfolgen. Das werden wir schaffen, das werden wir tun, und zwar öffentlich, wie immer in diesem Haus. Vielleicht gucken Sie einmal in die Anträge. Wir sollten sie dem neuen Finanzminister für seine Diskussionen auf europäischer Ebene mit auf den Weg geben. Aber ich bleibe dabei: Europa ist wichtig für Deutschland. Wir wollen eine europäische Harmonisierung.

(Dr. Alice Weidel [AfD]: Aber wir wollen das nicht!)

Dafür kämpfen wir mit aller Macht.

Danke schön.

(Beifall bei der CDU/CSU)