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Anita Schäfer: Jede Frau in Deutschland hat das Recht, frei und gleichberechtigt zu leben

Rede in der Aktuellen Stunde zu Freiheit und Gleichheit von Frauen

Sehr verehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit dem Thema dieser Aktuellen Stunde haben sich die Parteien der Unionsfraktion schon befasst, als es die AfD noch nicht gab.

(Lachen des Abg. Dr. Alexander Gauland [AfD] – Dr. Bernd Baumann [AfD]: Ist aber nichts bei rausgekommen!)

– Warten Sie einmal ab. – Wir schrieben das Jahr 2000, als der damalige Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Friedrich Merz, die Debatte über die gesellschaftliche Leitkultur anstieß.

(Dr. Alexander Gauland [AfD]: Das war noch ein Fraktionsvorsitzender von Ihnen! – Weitere Zurufe der AfD: Da habt ihr nicht hingehört! – Den habt ihr rausgeekelt! – Da haben wir noch CDU gewählt!)

Selbstverständlich nahmen und nehmen das Grundgesetz und die Rechte von Frauen in dieser Debatte eine Schlüsselstellung ein.

Für uns in der Union ist und bleibt das Thema Leitkultur aktuell. Deswegen hat der Bundesinnenminister Thomas de Maizière vor nicht einmal einem Jahr mit seinem Zehn-Punkte-Katalog wichtige Debattenbeiträge dazu geliefert. Der Minister stellt klar, dass wir ein offenes Land sind, in dem Toleranz, Freiheit und Minderheitenschutz herrschen, dass wir aber auch eine deutsche Identität haben,

(Zuruf von der AfD: Aha!)

eigene Traditionen, eine eigene Geschichte, eine christliche Prägung,

(Dr. Bernd Baumann [AfD]: Das war vor Frau Merkel!)

und dass wir erwarten, dass die Menschen, die zu uns kommen, dies auch respektieren.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der AfD)

Viele unserer Überzeugungen sind im Grundgesetz verankert, und was im Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland festgeschrieben ist, also auch das Recht auf die freie Entfaltung der Persönlichkeit jedes Menschen und die Gleichberechtigung von Mann und Frau, gehört zu unseren absolut unverhandelbaren Werten. Dazu steht die CDU/CSU-Fraktion unerschütterlich, und das haben wir weiß Gott mehr als einmal dezidiert klargestellt.

Mehr noch: Ob Migranten den Grundsatz der Gleichstellung von Frauen und Männern akzeptieren und befolgen, ist für uns der Lackmustest gelungener Integration. Für die CDU/CSU-Fraktion gilt:

Erstens. Wir treten der Entstehung von Parallelgesellschaften entschieden und wirksam entgegen, indem wir gezielt Integrationsmaßnahmen

(Dr. Bernd Baumann [AfD]: Merkt man nicht!)

– natürlich; das alles haben Sie jetzt doch schon gehört –

(Zuruf von der AfD: Was denn?)

fördern und Verstöße gegen die bei uns geltenden Regeln des Zusammenlebens ahnden.

Zweitens. Wir dulden in unseren Kommunen keine rechtsfreien Räume

(Lachen des Abg. Dr. Alexander Gauland [AfD])

und keine Etablierung anderer als die in unserem Land geltenden Rechte.

(Dr. Alexander Gauland [AfD]: Mein Gott!)

Drittens. Jede Frau in Deutschland hat das Recht, frei und gleichberechtigt zu leben.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Ulli Nissen [SPD])

Die Vollverschleierung von Frauen lehnen wir ebenso ab wie Zwangsverheiratungen und andere Praktiken, welche die körperliche oder seelische Unversehrtheit von Frauen und Mädchen gefährden.

Stattdessen setzen wir uns für gleiche Bildungs- und Ausbildungschancen junger Migrantinnen ein; denn gut ausgebildete Frauen, die ihr eigenes Geld verdienen, sind selbstbewusste und wirtschaftlich unabhängige, sind freie Frauen.

Zu den unverhandelbaren Werten unserer Kultur und unseres Grundgesetzes gehört aber ebenso die Pressefreiheit. Wenn in den Medien kulturell gemischte Liebespaare vorgestellt werden, muss unsere Kultur das aushalten, und sie hält das aus.

Wir in der Unionsfraktion verschließen nicht die Augen vor der Wirklichkeit. Wir sehen sehr wohl, dass im Zuge des Flüchtlingszustroms junge Männer aus islamisch geprägten Kulturen auf junge deutsche Frauen treffen. Na und?

(Lachen bei der AfD)

Wir können und wollen keinem Mädchen und keiner Frau verbieten, sich in einen Mann aus einem anderen Kulturkreis zu verlieben

(Dr. Bernd Baumann [AfD]: Es geht um Gewalt!)

und den Lebensweg mit ihm gemeinsam zu gehen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN – Jürgen Braun [AfD]: Es geht um Gewalt! Um die Verharmlosung von Gewalt!)

– Das ist doch ein ganz anderes Thema. – Was wir aber wollen, ist, Mädchen und Frauen so stark zu machen, dass sie nicht freiwillig auf ihre Menschenrechte verzichten. Wir wollen sie so stark machen, dass sie sich, wenn sie es mit einer rosaroten Brille in guten Tagen doch tun, in schlechten Tagen immer noch an den Schutz erinnern, den ihnen unser Grundgesetz und unsere Kultur gewähren.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Hier, meine Damen und Herren, ist nicht in erster Linie der Gesetzgeber gefordert, sondern alle gesellschaftlichen Kräfte, die Mädchen und junge Frauen sozialisieren, allen voran Elternhaus, Schulen und Kindertageseinrichtungen. Freiheit und Gleichberechtigung der Frau schließen das Recht auf sexuelle Selbstbestimmung ein. Für dieses Recht setzt sich die CDU/CSU vehement ein.

Weil wir gerade dabei sind, meine Damen und Herren von der rechten Seite: Schämen Sie sich eigentlich nicht, sich heute als Hüter der Frauenrechte aufzuspielen?

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Tino Chrupalla [AfD]: Wenn ihr es nicht könnt! – Dr. Alexander Gauland [AfD]: Weil ihr es nicht mehr macht! Weil Sie das alles aufgegeben haben in der Union! Weil Frau Merkel 1 Million Leute ins Land gelassen hat! Uns gäbe es doch gar nicht, wenn Sie nicht die falsche Politik machen würden! Uns hätte es nie gegeben!)

Seit Bestehen der Bundesrepublik Deutschland hatte es bis zum Bundestagswahlkampf der AfD im vorigen Jahr noch keine Partei fertiggebracht, mit dem Torso einer schwangeren Frau und dem Slogan „Neue Deutsche? Machen wir selber!“

(Tino Chrupalla [AfD]: Ja, machen wir auch!)

für sich zu werben. Frauen in Wort und Bild als Gebärmutter auf zwei Beinen darzustellen und zu politischen Zwecken zu missbrauchen,

(Tino Chrupalla [AfD]: Darauf seid ihr nie gekommen! „Gut und gerne leben“ – das war euer Slogan!)

dafür, meine sehr geehrten Damen und Herren, mussten wir in der Tat auf die Antragsteller der heutigen Aktuellen Stunde warten.

(Ulli Nissen [SPD]: Bestimmt nicht!)

Vizepräsidentin Petra Pau:

Kollegin Schäfer, achten Sie bitte auf das Zeichen.

Anita Schäfer (Saalstadt) (CDU/CSU):

Dem ist in meinen Augen nichts hinzuzufügen.

(Martin Reichardt [AfD]: Danke, dass Sie Schluss machen!)

Vielen Dank.

Vizepräsidentin Petra Pau:

Ansonsten hat im Moment überwiegend die Kollegin Schäfer das Wort, wenn ich darauf aufmerksam machen darf – bei aller Lebendigkeit der Debatte.

(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)