Skip to main content

Andreas Jung: Uns geht es darum, Europa zu stärken

Rede zu Finanzierungsalternativen für einen europäischen Wiederaufbaufonds

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die deutsch-französische Initiative von Angela Merkel und Emmanuel Macron hat uns schon jetzt in Europa vorangebracht. Sie hat uns schon jetzt vorangebracht, weil sie die Dynamik ermöglicht hat, jetzt einen gemeinsamen Weg zu gehen. Darum geht es.

(Norbert Kleinwächter [AfD]: Das ist genauso, wie ein Erdbeben einen Tsunami verursacht!)

Es geht darum, eine gemeinsame europäische Antwort auf diese Krise geben zu können. Wenn jeder sich nur mit Gleichgesinnten bestärkt, mit denen er sowieso schon einer Meinung ist – die im Norden gemeinsam, die im Süden gemeinsam und die im Osten wieder anders –, dann ist das Ergebnis Stillstand, Handlungsunfähigkeit, dann lachen sich unsere Wettbewerber in den USA, in China, in Russland ins Fäustchen. Uns geht es darum, Europa zu stärken, und das wird jetzt möglich.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Zuruf von der AfD: Mit deutschen Steuergeldern!)

Uns ist wichtig, dass es ein Programm ist, mit dem eben nicht alte Schulden umverteilt werden, bei dem es eben nicht Budgethilfen geben soll, bei dem es nicht um Renten oder Pensionen geht, sondern bei dem es um nachhaltiges Wachstum in ganz Europa geht,

(Zuruf des Abg. Albrecht Glaser [AfD])

bei dem es um Zukunftstechnologien geht, mit dem investiert werden soll in Klimaschutz und den Green Deal, mit dem investiert werden soll in Digitalisierung und Innovation.

(Kay Gottschalk [AfD]: Schulden sind eine Innovation?)

Es ist eine Investition in die Zukunft Europas,

(Zuruf von der AfD: Nein!)

und genau so werden wir dieses Programm begleiten und als Union unterstützen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

In diesem Programm, in diesem Vorschlag kommt die europäische Solidarität zum Ausdruck. Diese Solidarität brauchen wir in der Krise, weil es uns nicht egal sein kann, weil es uns nicht kaltlassen kann, wenn unsere Partner und Freunde in dieser Krise unverschuldet hart getroffen werden. Aber es ist auch in unserem gemeinsamen, in unserem ureigenen Interesse: Wir brauchen ein starkes Deutschland in einem starken Europa. Man kann das gar nicht auseinanderdenken, man kann es nur zusammendenken. Deshalb kommen europäische Solidarität und eigenes Interesse zusammen. Deshalb wollen wir es machen. Deshalb ist Solidarität richtig.

(Zuruf des Abg. Kay Gottschalk [AfD])

Es ist aber genauso richtig, dass wir auf der Basis unserer Grundsätze handeln, dass das Ganze eine Grundlage in den europäischen Verträgen hat, an den europäischen Haushalt angedockt wird und – ja, Herr Kollege Graf Lambsdorff – dass selbstverständlich der Deutsche Bundestag die Entscheidung aufgrund der Regeln, die wir hier haben, trifft. Und diese Verantwortung werden wir wahrnehmen. Wir als Fraktion, wir als Deutscher Bundestag, wir können darüber bestimmen, wie dieser Plan gestaltet wird, und das werden wir gemeinsam debattieren und dann tun.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)

Bei alledem ist uns auch wichtig – Herr Kollege Graf Lambsdorff, das haben Sie auch angesprochen –: Das ist kein Weg in die Schuldenunion.

(Zuruf von der AfD: Ach nein? – Lachen des Abg. Dr. Alexander Gauland [AfD] – Norbert Kleinwächter [AfD]: Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu bauen! – Weiterer Zuruf des Abg. Dr. Alexander Gauland [AfD]: Wir sind schon mittendrin!)

– Sie berufen sich auf Sebastian Kurz. Lesen Sie nach, hören Sie nach, was er heute in einem Interview gesagt hat! Er sagt: Das ist nicht der Weg in die Schuldenunion.

(Dr. Götz Frömming [AfD]: Sie spalten immer weiter!)

Es geht hier um befristete Programme. Das sind keine Euro-Bonds. Das sind keine Coronabonds. Es ist kein freischwebender Fonds. Das Programm ist befristet und hat eine Beitragsobergrenze, für die wir Deutsche entsprechend unserer Wirtschaftsleistung einstehen.

(Zuruf des Abg. Dr. Harald Weyel [AfD])

Es ist eben keine gesamtschuldnerische Haftung für alles, was anfällt, sondern ein Beitrag, der unserer Wirtschaftskraft entspricht, so wie es jetzt schon beim europäischen Haushalt ist. Das ist uns wichtig, und genau so werden wir diese Diskussion weiterbegleiten und weiterverfolgen und uns entsprechend einbringen – auf Basis unserer Grundsätze.

Ja, richtig ist: Wir machen mit diesem Programm, mit dieser Initiative, mit der gemeinsamen deutsch-französischen Erklärung einen Schritt und signalisieren Bereitschaft, jetzt auch mit Zuschüssen zu unterstützen. Ich zitiere dazu unseren Bundestagspräsidenten, den ehemaligen Finanzminister Wolfgang Schäuble, der jetzt gesagt hat: Für Länder, die schon ein hohes Schuldenaufkommen haben, ist das Angebot ausschließlich von Krediten Steine statt Brot.

(Beifall der Abg. Dr. Franziska Brantner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Deshalb befürwortet auch er den Weg, jetzt mit Zuschüssen zu unterstützen. Ich halte das für richtig. Es ist Ausdruck von Solidarität, und es ist im Übrigen das übliche Verfahren des europäischen Haushalts, wo Zuschüsse, Programme mit klarer Zweckbindung und ‑bestimmung unter klaren Voraussetzungen der übliche Weg sind und keine Ausnahme.

(Beifall der Abg. Dr. Franziska Brantner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] – Norbert Kleinwächter [AfD]: Frau Brantner kann sich kaum halten bei Ihrem Vortrag! Meine Güte, die CDU ist wirklich grün geworden! – Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Ich habe gerade, wie Sie verfolgen konnten, Wolfgang Schäuble zitiert, unseren früheren Finanzminister, und ausgeführt, dass ich seine Haltung ausdrücklich unterstütze. Ich finde, jetzt geht es darum, dass wir gemeinsam in Europa vorankommen. Europäische Solidarität und unsere Grundsätze, beides muss zusammenkommen – beides kommt zusammen bei dieser deutsch-französischen Initiative.

Jetzt haben wir den Vorschlag von Ursula von der Leyen. Sie weiß: Auch in Brüssel gilt das Struck’sche Gesetz. Deshalb werden wir diese Debatte führen. Aber wir werden sie führen im europäischen Geiste, mit dem Willen, eine gemeinsame europäische Antwort zu geben, weil wir diese brauchen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)