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Alexander Hoffmann: In diesen schwierigen Zeiten sollten wir eine gemeinsame Mission haben, die Gesellschaft nicht zu spalten

Rede zur untrennbaren Verbindung des Scharia mit dem Islam

Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! In hitziger Debatte erleben wir heute einen typischen AfD-Antrag: mit heißer Nadel gestrickt, kurz vor knapp auf die Schreibtische gekommen.

(Dr. Bernd Baumann [AfD]: Am Dienstag ist er eingereicht! Erzählen Sie keine Märchen!)

– Warum schlägt denn gleich der Puls so hoch? Ich habe ja noch gar nicht richtig angefangen.

(Dr. Bernd Baumann [AfD]: Weil Sie die Unwahrheit sagen! Am Dienstag ist der Antrag eingereicht!)

Weil das regelmäßig bei Ihren Anträgen passiert – es ist nämlich nicht so, dass das jetzt ein Mal passiert ist, sondern im Rechtsausschuss erleben wir das regelmäßig –,

(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: In den anderen Ausschüssen auch!)

will ich grundsätzlich etwas dazu sagen. Es gibt eigentlich ja nur zwei Möglichkeiten: Entweder Sie machen das aus voller Absicht; dann muss man aber sagen, dann liegt Ihnen offensichtlich Sacharbeit nicht am Herzen. Der zweite Grund könnte allerdings sein, dass es Ihnen in Ihrer Fraktion schlichtweg an Leistungsfähigkeit mangelt. Am Ende des Tages ist es eigentlich egal, weil beides eine Erklärung dafür wäre, warum Sie hier bislang noch nicht durch qualitativ hochwertige Sacharbeit aufgefallen sind.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU sowie des Abg. Dr. Jürgen Martens [FDP])

Es gibt noch ein zweites Kennzeichen, woran man den AfD-Antrag erkennt: Es genügt ein Blick auf die Überschrift, eine Überschrift aus zwei Zeilen mit eigentlich schon zwei Falschbehauptungen. Ich will konkret werden. In der ersten Hälfte sagen Sie, die Scharia sei untrennbar mit dem Islam verbunden. Dazu muss ich ganz ehrlich sagen: Vielleicht haben Sie es nicht mitbekommen, aber wir haben über 4 Millionen Muslime in diesem Land, und ein Großteil von denen hat mit dem Scharia-Recht überhaupt nichts zu tun. Es ist ihnen nicht einmal bekannt. Im Übrigen ist es so, dass in der Scharia selbst davon ausgegangen wird, dass das ein Regelwerk ist, das dem Wandel unterworfen ist.

(Zurufe von der AfD)

Herr Curio, auch das haben Sie vergessen zu erwähnen.

Und dann kommt der Oberhammer: Sie haben Verse aus einer Sure vorgelesen. Da kann ich Sie nur fragen – der Kollege Martens hat das vorhin schon gemacht –: Kennen Sie eigentlich die Bibel? Wer die Bibel kennt, der weiß, dass zum Beispiel im 3. Buch Mose, Kapitel 20, steht:

Ein Mann, der mit der Frau seines Nächsten die Ehe bricht, wird mit dem Tod bestraft, der Ehebrecher samt der Ehebrecherin.

Und in Matthäus 15 steht:

Wer Vater oder Mutter verflucht, soll mit dem Tod bestraft werden.

Auch dort ist es so, dass Sie die Realität ausblenden oder lieber verschweigen; denn ich gehe davon aus, dass viele von Ihnen wissen, wie der Koran zu lesen ist, wie die Bibel zu lesen ist, wie zum Beispiel auch die Thora zu lesen ist, nämlich immer zu lesen und zu verstehen im Lichte ihrer Zeit. Stattdessen, Herr Curio, spalten Sie hier, hetzen Sie hier; Sie machen Stimmung, und am Ende haben Sie nicht einmal den Schneid, eine Zwischenfrage zuzulassen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und der FDP)

Jetzt kommen wir zur zweiten Hälfte Ihrer Überschrift. Darin sagen Sie: Islam und Scharia haben im Rechtsstaat keinen Platz. Dazu sage ich: Wahnsinn! Sie formulieren eine Selbstverständlichkeit, für die ich die AfD nicht gebraucht hätte;

(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Ich auch nicht!)

denn – der Kollege Sensburg hat es vorhin ausgeführt – das beschäftigt uns in der deutschen Politik schon seit Jahren, gerade weil wir das nicht auf die leichte Schulter nehmen und das nicht kleinreden wollen. Auch ich habe Ihnen eine kleine Liste mitgebracht: Es gibt seit 2011 die Arbeitsgruppe „Paralleljustiz“. Das ist im Übrigen eine bayerische Initiative. Das Thema stand schon mehrfach auf der Agenda der Justizministerkonferenz. Es gibt ein Bayerisches Integrationsgesetz, in dem es in Artikel 14 um das Unterlaufen der verfassungsmäßigen Ordnung geht. Auch hier, in diesem Haus, haben wir uns massiv mit all diesen Fragen beschäftigt. Ich darf nur erinnern an die Diskussion über die Frage der Nichtigkeit von Kinderehen. Auch da konnten wir eine Lösung finden, ohne dass wir Sie dazu gebraucht hätten.

Wenn wir uns, gerade vor dem Hintergrund, das nicht kleinreden zu wollen, bestimmte Vorfälle anschauen, zum Beispiel den Vorfall mit der Scharia-Polizei in Wuppertal, dann erkennen wir, dass der Rechtsstaat höchstwahrscheinlich sehr gut funktioniert. Die Urteile des Landgerichts Wuppertal sind vom BGH aufgehoben worden. Wir werden sehr genau hinschauen, ob es noch Regelungslücken gibt.

Ich glaube, dass man diesem Thema sachlich begegnen sollte, weil wir, zugegebenermaßen, in schwierigen Zeiten leben. In diesen schwierigen Zeiten sollten wir alle hier eine gemeinsame Mission haben, nämlich, die Gesellschaft nicht zu spalten. Da haben Sie heute leider einen ganz anderen Eindruck hinterlassen.

Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und der FDP)