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(Quelle: Unsplash.com)

Sicherheitsrat muss handlungsfähig bleiben

Jürgen Hardt zum einmonatigen deutschen Vorsitz

Deutschland übernimmt am 1. Juli für einen Monat den Vorsitz im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen. Dazu drei Fragen an und drei Antworten von Jürgen Hardt, dem außenpolitischen Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion.

Herr Hardt, was möchte Deutschland während der Zeit seines Vorsitzes voranbringen?

Hardt: Schon seit Deutschland vor eineinhalb Jahren den nichtständigen Sitz im VN-Sicherheitsrat übernommen hat, bringt es sich in enger Abstimmung mit den europäischen Partnern energisch ein, um Lösungen für die drängendsten Probleme zu finden. Auch während des Vorsitzes im Sicherheitsrat wird Deutschland sich intensiv um eine politische Lösung der Krisen in Libyen, in Syrien und im Jemen bemühen, obwohl die Rahmenbedingungen weiter schwierig sind. 

Kampf gegen Corona multilateral abstimmen

Die Corona-Pandemie hat gezeigt, wie eng internationale Gesundheit und Sicherheitsfragen verknüpft sind. Deutschland wird daher im Sicherheitsrat erneut einen Vorstoß machen, um für ein multilateral abgestimmtes Vorgehen zur Bekämpfung der Pandemie und zur Unterstützung der schwächsten Staaten zu werben. Insgesamt geht es darum, die internationalen Institutionen zu stärken. Dies ist Kernanliegen der deutschen Sicherheitsratsmitgliedschaft.

Der UN-Sicherheitsrat scheint zunehmend blockiert, nicht zuletzt wegen der Differenzen zwischen den USA und China. Welche Möglichkeiten sehen Sie, diese Blockade zu überwinden?

Hardt: Gerade wenn die USA und China, aber auch Russland in den VN immer konfrontativer agieren, kommt der EU – und vor allem Deutschland – eine vermittelnde Rolle zu. Es geht darum, in den wichtigen Fragen Brücken zu bauen, damit der VN-Sicherheitsrat handlungsfähig bleibt und seiner Aufgabe, den Frieden in der Welt zu erhalten, gerecht werden kann. Wir müssen zugleich darauf achten, dass die Werte, für die der Westen steht – Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Achtung der Menschenrechte – in den VN fest verankert bleiben. Deshalb ist es so wichtig, dass wir mit den USA eng zusammenarbeiten und gemeinsam für diese Ziele eintreten.

Ständiger Sitz der EU muss Fernziel bleiben

Wie steht es um das Bestreben der Europäischen Union auf einen ständigen Sitz im Sicherheitsrat?

Hardt: Die Reform des VN-Sicherheitsrats bleibt hoch oben auf der Agenda. Die aktuelle Zusammensetzung des Gremiums spiegelt nicht mehr die realen Kräfte- und Einflussverhältnisse wider. Gemeinsam mit unseren Partnern der sogenannten G4, also mit Brasilien, Indien und Japan, haben wir konstruktive Vorschläge für eine Reform gemacht. Deutschland hat immer wieder unterstrichen, dass es bereit ist, selbst größere Verantwortung zu übernehmen. Dazu stehen wir. 
Für einen Sitz der Europäischen Union müsste zunächst die Charta der VN angepasst werden, weil in ihr bislang nur Staaten als Mitglieder vorgesehen sind, aber keine Staatengemeinschaften. Ein solcher Sitz muss aber Fernziel bleiben. Gerade mit der neuen EU-Kommission unter Ursula von der Leyen arbeiten wir entschieden daran, die internationale Handlungsfähigkeit der EU zu erhöhen. Dies ist eine wichtige Grundlage dafür, den Anspruch auf einen Sicherheitsratssitz zu untermauern.