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(Quelle: Jan Kopetzky)

Klein: „Helfen, sobald wir können“

Kurzinterview zur den Corona-Folgen in den Entwicklungsländern

Wie wirkt sich die Corona-Krise auf Entwicklungsländer aus?  Dazu drei Fragen an und drei Antworten von unserem entwicklungspolitischen Sprecher Volkmar Klein.

Herr Klein, Corona macht vor keiner Grenze halt. Was sehen Sie auf Länder – beispielsweise in Afrika – zurollen, in denen es keine funktionierenden Gesundheitssysteme gibt?

Klein: In der Regel sind die Gesundheitssysteme in Afrika sehr schwach. Das stellt die betreffenden Länder vor große Herausforderungen, insbesondere dort, wo viele Menschen eng beieinander leben. Ich befürchte, dass es in den Slums zu verheerenden Zuständen kommt. 
Ausgangssperren sind dort keine Lösung, die man über zwei Wochen durchhalten kann. Die Menschen müssen raus, um Wasser zu holen oder Lebensmittel zu besorgen. Ohne ein funktionierendes Trinkwassersystem oder Kühlschränke in den meist ärmlichen Unterkünften kann man einfach nicht zu Hause bleiben. 

„Militär kann Versorgung teils übernehmen“

Es ist zu hoffen, dass die staatlichen Strukturen die Notlage so weit wie möglich abfedern. Militär kann einen Teil der Versorgung übernehmen. Jeder Staat muss dann zeigen, was er trotz schwacher Strukturen zu leisten imstande ist. Ein kleiner Lichtblick: Die afrikanische Bevölkerung ist jung und von daher wahrscheinlich resistenter gegen das Virus. In der Ebola-Krise wurde zudem gezeigt, was auch mit beschränkten Mitteln geleistet werden kann. Ich bin daher voller Sorge, habe aber auch Hoffnung. 

Es gibt auf dem Weltmarkt kaum noch Schutzausrüstungen und andere benötigte Medizinprodukte zu kaufen. Wie kann die internationale Staatengemeinschaft diesen Ländern helfen?

Klein: Überall müssen möglichst schnell die Produktionskapazitäten für Desinfektionsmittel, Schutzkleidung und andere dringend benötigte Instrumente hochgefahren werden. Die afrikanischen Länder scheinen jetzt noch nicht so schlimm betroffen zu sein wie zum Beispiel die USA, Italien oder Spanien. Wir alle müssen verstärkt nach Afrika blicken und dort Hilfe leisten, sobald es die Lage in der Heimat erlaubt. Ich begrüße es sehr, dass Entwicklungsminister Gerd Müller bereits erste Hilfen für Afrika in die Wege geleitet hat.
China hat am Anfang – als die Behörden den Ausbruch der Epidemie vertuschten– viel zur Verschärfung der Lage beigetragen. Vielleicht hätte sich das Virus nie so weit verbreiten können, wenn die chinesische Führung direkt konsequente Schutzmaßnahmen ergriffen hätte. Doch nun macht China vor, dass Hilfe dann möglich ist, wenn das Schlimmste im eigenen Land überstanden ist. Know-how, Material, Personal – sobald wir selbst Kapazitäten frei haben, muss unsere Solidarität greifen. Und nicht zuletzt: Wenn es einen Impfstoff gibt, dann muss er möglichst schnell allen zur Verfügung gestellt werden. 

„Lieferketten und Produzenten breiter aufstellen“

Die Pandemie wird die Globalisierung zurückdrehen. Was heißt das für die Entwicklungsländer?

Klein: Es ist sicherlich nicht völlig falsch, wenn manche Produktionsprozesse wieder nach Deutschland, Europa oder in andere industrialisierte Länder zurückverlagert werden. In der Notlage kann das helfen, die Versorgung sicherzustellen. Eine andere Lösung kann aber sein, Lieferketten und Produzenten breiter aufzustellen. In der aktuellen Krise sehen wir doch vor allem, dass wir bei zu vielen Produkten von China abhängig sind. Wenn andere Entwicklungsländer einspringen und alternative Bezugsmöglichkeiten bieten, kann das für sie auch eine Chance sein.