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(Quelle: Tobias Koch)

„Datendiebstahl muss härter bestraft werden“

Ralph Brinkhaus im Interview mit der Rheinischen Post

„Datendiebstahl muss härter bestraft werden“, fordert Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus im Gespräch mit der Rheinischen Post. In der illegalen Veröffentlichung privater Daten von Politikern und Prominenten sieht er eine Gefahr für die Demokratie. Das Interview in voller Länge:

Herr Brinkhaus, twittern Sie noch?

Ich werde in sozialen Medien weiter aktiv sein, aber auch weiterhin nicht alles auf der Welt im Stundenrhythmus kommentieren. Der Twitter-Gemeinde gleich nach dem Aufstehen einen guten Morgen zu wünschen und abends vor dem Zubettgehen noch eine gute Nacht, so nett das gemeint sein mag, ist nicht meine Sache. Die sozialen Medien sind wichtige Kommunikationskanäle. Bei ihrer Nutzung Maß und Mitte einzuhalten, ist aber sicher kein schlechter Ratgeber.  

1000 Politiker, Prominente und Journalisten wurden von einem 20-Jährigen im Netz ausgespäht. Wie groß ist der Schaden?

Datendiebstahl ist kein Dummejungenstreich. Das Hacken und Abschöpfen von Daten ist ein schwerer Eingriff in die Privatsphäre der Betroffenen. Wer das macht, ist schon erheblich kriminell. Das gravierende Unrecht dieser Handlungen muss durch ein höheres Strafmaß deutlich werden.  

Wie?

Bislang kann das sogenannte Ausspähen von Daten mit Freiheitsstrafe von maximal drei Jahren geahndet werden. Wir sollten prüfen, das Strafmaß bei schweren Cyberdelikten anzuheben. Wenn sehr persönliche Dinge gestohlen werden, sind die Opfer manchmal für ihr ganzes Leben traumatisiert. Ähnlich dürfte es vielen gehen, deren Daten gehackt und ins Netz gestellt worden sind. Manche werden sich nie mehr unbefangen im Netz bewegen. Dennoch wird der Datendiebstahl bislang nicht annähernd bestraft wie ein einfacher Diebstahl, der mit maximal fünf Jahren Haft geahndet wird. Außerdem gibt es bei den Cyberdelikten offenbar Strafbarkeitslücken. Das werden wir uns auch in der Bundestagsfraktion genau ansehen. Die virtuelle Welt ist keine andere Welt als die analoge. Das Netz ist kein rechtsfreier Raum. 

Brauchen wir die „Anschnallpflicht“, die „Streifenpolizei“ im Internet?

Die Grundsätze unserer Rechtsordnung müssen auch im Netz gelten. Wenn zum Beispiel Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens im Netz wie Freiwild behandelt werden können, ist das eine Gefahr für die Gesellschaft und die Demokratie. Datendiebstähle könnten letztlich dazu führen, dass sich Menschen nicht mehr öffentlich engagieren, weil die Gefahr besteht, an den digitalen Pranger gestellt zu werden. Deswegen muss so etwas konsequent verfolgt werden. Auch die Sicherheitsbehörden und die Justiz müssen personell und technisch so ausgestattet sein, dass sie die Täter auch zur Rechenschaft ziehen können. 

Welche Fürsorgepflicht nehmen Sie als Fraktionschef wahr?

Die Netze der Fraktionen, des Bundestags und der Regierung waren nach den vorläufigen Informationen nicht betroffen. Es handelte sich um private Accounts. Wir werden unsere Abgeordneten schulen, wie man Daten besser schützen kann. So schlimm das jetzt ist, werden wir alle doch daraus lernen. Blinder Aktionismus hilft dabei nicht. Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik und das Bundeskriminalamt wurden bereits auch mit Blick auf eine bessere Cybersicherheit personell verstärkt. Und bei der Bundeswehr bauen wir dazu gerade einen weiteren Organisationsbereich, die Cyber-Abwehr, auf.

Wie ist der Stand beim Fachkräfteeinwanderungsgesetz? Was soll konkret nachgebessert werden?

Es wird ein intensives Gesetzgebungsverfahren geben. Generell muss sichergestellt sein, dass nur Menschen zu uns kommen, die uns nicht nur auf dem Arbeitsmarkt weiterhelfen, sondern auch nachhaltig ihren eigenen Lebensunterhalt bestreiten können. Sie müssen sich einen eigenen ausreichenden Rentenanspruch erarbeiten.

Zur Mitte der Legislaturperiode will die Koalition Bilanz ziehen. Ist das Glas halb leer oder halb voll, stehen die Zeichen auf Bruch oder Zusammenhalt?

Der Bundestag ist 2017 für vier Jahre gewählt worden. Dieses Wählervotum ist zu respektieren. Es stärkt auch nicht das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die Politik, die Koalition immer wieder infrage zu stellen. Stattdessen sollten wir die Koalition in den nächsten gut zwei Jahren zum Erfolg führen.

Zur CDU: Können Sie sich Friedrich Merz als Bundesminister vorstellen?

Brinkhaus: Diese Personaldiskussionen waren zuletzt nicht hilfreich. Ich denke, dass nach der Vereinbarung zwischen der Parteivorsitzenden und Friedrich Merz über dessen zukünftige Rolle in der Union diese Debatte nun auch beendet sein dürfte. Ich finde gut, dass sich Friedrich Merz in der Partei engagiert. Die CDU hat auch darüber hinaus viele gute junge, aber auch schon sehr erfahrene Politiker in ihren Reihen, gerade auch in der Bundestagsfraktion. Auch solche mit einem ausgeprägten Wirtschaftsprofil. Wir sollten uns nun vor allem um die Inhalte kümmern, weil wir in vielen Bereichen vor großen Herausforderungen stehen. Nur einige Beispiele: Wie gehen wir mit Chinas Aufstieg um? Wie steht es um die Zukunft unserer Autoindustrie, wenn das autonome Fahren kommt? Dürfen wir jeder Form der pränatalen Diagnostik den Weg ebnen? 

Wer hat in der CDU das Zugriffsrecht auf die Kanzlerkandidatur?

Wir kommen schon wieder weg von den Inhalten. Daher: Wir haben eine Bundeskanzlerin. Mit ihr arbeite ich gut zusammen. Und ich würde mich freuen, wenn sie und ich das noch länger tun könnten.

Könnte es denn erstmals eine Mitgliederbefragung dazu geben, wer Kanzlerkandidat werden soll?

Die Regionalkonferenzen zur Vorstellung der Kandidaten für den Parteivorsitz waren sehr gut. Dieser Wettbewerb hat die CDU positiv verändert. Ich denke, das wird mit dazu führen, dass die CDU-Mitglieder künftig stärker in die Entscheidungen einbezogen werden. 

Am Sonntag und Montag wird Annegret Kramp-Karrenbauer erstmals als Parteivorsitzende die CDU-Vorstandsklausur leiten. Was erwarten Sie von der Tagung in Potsdam?

Wir werden vor allem über die für 2019 wichtigen Fragen und die anstehenden Wahlen reden. Es geht in den nächsten Monaten um die Stärkung des gesellschaftlichen Zusammenhalts und um die Projekte für die Zukunft. Und im Übrigen kommt der neue Parteivorstand zum ersten Mal zusammen. Da lohnt es sich, sich etwas mehr Zeit zu nehmen.

Kann der Riss zwischen dem Merz-Lager und dem Kramp-Karrenbauer-Lager gekittet werden?

Ich sehe keinen Riss. Es sitzen bei uns ja nicht auf der einen Seite siegestrunken die Gewinner und auf der anderen die Verlierer in Sack und Asche. Es war ein fairer Wettbewerb um den Parteivorsitz und der ist seit fünf Wochen entschieden. Die ganz große Mehrheit in der CDU sieht die Sache sportlich. Daher steht die CDU zusammen. So ist das übrigens auch mit der CSU. Das hat sich beim Besuch von Annegret Kramp-Karrenbauer bei der CSU-Landesgruppenklausur in Seeon deutlich gezeigt. Ich selbst werde übrigens kommende Woche auch die Klausur der CSU-Landtagsfraktion in Kloster Banz besuchen.   

Was steht für die CDU auf dem Spiel?

Unsere Umfragewerte werden wieder besser, wir gewinnen Vertrauen zurück. Und doch müssen wir noch mehr über Menschen in der Mitte der Gesellschaft reden. Das sind vor allem die Familien mit Kindern, in denen jeden Morgen früh aufgestanden wird, um den Alltag auf der Arbeit, in der Schule und zu Hause zu meistern. Sie sind oft in der Politik kein Thema, weil sie auch wenig klagen. Aber auch diese Menschen haben Sorgen – um ihre alten pflegebedürftigen Eltern, um die Zukunft ihrer Kinder. Sie haben Ängste – vor Kriminalität und vor äußeren Bedrohungen. Diesen Menschen wollen wir zeigen, dass wir ihre Lebensleistung wertschätzen. Viele aus dieser Gruppe haben das Gefühl, dass sie nie vorkommen, kaum in Talkshows, zu wenig in den Programmen der Parteien. Hier steuern wir mit einer Reihe von Maßnahmen dagegen. Nur ein Beispiel: Wir wollen jungen Familien den Erwerb von Wohneigentum erleichtern. Deswegen haben wir das Baukindergeld eingeführt. Wir wollen insgesamt das Leben gerade dieses großen Teils der Bevölkerung Stück für Stück besser machen. 

Was hat sich mit Ihrem neuen Amt verändert? 

Brinkhaus: Ich habe mehr Verantwortung und weniger Zeit. Ich komme nicht mehr so viel zum Laufen. Ich freue mich aber immer noch riesig, dass ich gewählt worden bin.