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(Quelle: picture alliance/dpa)

Unterstützung für Opfer der „Colonia Dignidad“ – schnell und unbürokratisch

Gemeinsame Kommission legt Hilfskonzept vor

Die Gemeinsame Kommission von Bundestag und Bundesregierung hat sich auf ein Hilfskonzept für die Opfer der „Colonia Dignidad“ geeinigt und dieses am heutigen Freitag vorgestellt. Dazu erklären der menschenrechtspolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion und Mitglied der Kommission, Michael Brand, sowie Volker Ullrich, ebenfalls Mitglied der CDU/CSU-Bundestagsfraktion in der Kommission:

Michael Brand: „Es war schon lange überfällig, den Worten zur moralischen Mitverantwortung endlich Taten folgen zu lassen. Mit dem Hilfskonzept erhalten die Betroffenen zeitnah und unbürokratisch Unterstützung. Es werden nicht nur ein Hilfsfonds für Individualleistungen eingerichtet, sondern auch Anlauf- und Beratungsstellen in Deutschland und in Chile. Sie sollen den Betroffenen zur Seite stehen, etwa bei der Beantragung der Mittel.

Die Opfer erhalten jetzt erstmals individuelle Zahlungen, und zwar in Höhe von 10.000 Euro, und weitere Leistungen. Das hat eine neue Qualität - das hilft konkret. Und durch die jetzt verankerte Hilfe, den neuen Fond ‚Pflege und Alter‘, werden die Opfer auch im Alter nicht alleine gelassen.

Wir wissen, dass der Beitrag, so konkret er auch ist, nur ein symbolischer sein kann. Niemand bei uns gibt sich der Illusion hin, dass dies das Leid wiedergutmachen könnte, das die Menschen erlitten haben. Aber wir hoffen darauf, dass die konkrete Unterstützung nicht nur im Alltag, sondern auch seelisch eine gute Wirkung entfaltet.“ 

Bei der Umsetzung werden auch wir als Unionsfraktion darauf achten, dass nicht bürokratisch, sondern in einer menschlich anständigen und sympathischen Art und Weise geholfen wird.“

Volker Ullrich: „Die Erarbeitung des Hilfskonzepts ist ein klares Signal dafür, dass die Aufarbeitung weitergehen muss. Das gilt auch für die strafrechtliche Seite. Dies liegt in der Hand der Strafverfolgungsbehörden. Aus Sicht der Opfer ist wichtig, dass möglichen Ansätzen zu Ermittlungen nachgegangen wird.“

Hintergrund:

In der sogenannten Colonia Dignidad waren Frauen, Männer und Kinder über Jahrzehnte hinweg Opfer entsetzlicher Verbrechen. Der Deutsche Paul Schäfer und seine Vertrauten errichteten eine kriminelle Sekte, deren Machtstruktur sich auf psychische und physische Gewalt, einschließlich schwerster sexueller Gewalt, auf Sklavenarbeit und Denunziantentum, auf ständige Überwachung und systematische Einschüchterung gründete. Schäfer riss Familien auseinander, missbrauchte zahllose Kinder und arbeitete bei Folter, Mord und Verschwindenlassen von Regimegegnern aktiv mit den Schergen der Pinochet-Diktatur zusammen. Die Überlebenden leiden bis heute massiv unter den schweren psychischen und körperlichen Folgen der über Jahre hinweg zugefügten Verletzungen. 

Dass Schäfer und seine Helfershelfer nahezu ungehindert bis in die 2000er Jahre hinein schwerste Verbrechen in der wie ein Lager organisierten „Colonia Dignidad“ begehen konnten, war nur möglich aufgrund einer strikt autarken Lebensweise und Abschottung, durch die Zusammenarbeit mit der chilenischen Militärregierung, dem zaghaften Agieren der Justiz in Chile und Deutschland sowie durch Unterstützungsnetzwerke in beiden Ländern. Aber auch deutsche Regierungsvertreter waren eher zögerlich, als ihre Standhaftigkeit, Beharrlichkeit und ihr nachdrücklicher Einsatz für die Menschen in der „Colonia“ gefordert gewesen wären.