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"Afghanistan darf nicht wieder in die Hand der Taliban fallen"

3 Fragen, 3 Antworten an Johann David Wadephul

Der Deutsche Bundestag berät am Donnerstag über die Verlängerung des Bundeswehr-Einsatzes in Afghanistan. Der NATO-geführten Einsatz Resolute Support soll um ein weiteres Jahr bis einschließlich  31. März 2020 verlängert werden. Seit 2015 – seit dem Ende von ISAF - befinden sich rund 1.200 deutsche Soldaten am Hindukusch, um die afghanischen Sicherheitskräfte zu beraten, auszubilden und zu unterstützen. Über den Einsatz und die Entwicklung in Afghanistan äußert sich der stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Johann David Wadephul, im Kurzinterview.

US-Präsident Donald Trump hat die Verbündeten Anfang des Jahres mit der Ankündigung aufgeschreckt, die amerikanischen Truppen in Afghanistan bald in großem Umfang reduzieren zu wollen. Wie bewerten Sie diese Ankündigung?

Wir sind damals kurz nach den schrecklichen Angriffen des 11. September 2001 in Washington und New York in Erfüllung des Artikels 5 des NATO-Vertrages gemeinsam als Bündnis nach Afghanistan gegangen. Deutschland hat sich seitdem immer mit einem der größten Truppenkontingente am Einsatz der Allianz beteiligt. Wir haben Opfer gebracht und haben Gefallene zu beklagen. Wir erwarten darum, dass unsere US-Verbündeten uns auch bei einer möglichen Beendigung ihres Engagements einbinden.

Deswegen war es wichtig, dass der amtierende US-Verteidigungsminister Patrick Shanahan in der vergangenen Woche beim Treffen der NATO-Verteidigungsminister einige wichtige Klarstellungen vorgenommen hat. So versprach er, dass die USA keine einseitigen Abzugsentscheidungen treffen werden, sondern nur in enger Absprache mit den Verbündeten. Und Shanahan stellte klar, dass ein wie auch immer gearteter Abzug der US-Truppen aus Afghanistan an Fortschritte bei den Friedensverhandlungen mit den Taliban gekoppelt sei.

Welches sind die Voraussetzungen, unter denen sich die Bundeswehr weiter an Resolute Support beteiligen kann?

Für alle Fachleute ist klar: Ohne das US-Engagement geht es nicht. Dass die USA die Hälfte der rund 17.000 Soldatinnen und Soldaten von Resolute Support stellen und daneben nochmals rund 5.000 Soldatinnen und Soldaten aufgrund bilateraler Absprachen mit Afghanistan, das ist dabei nicht einmal das wichtigste. Sondern die Fähigkeiten, die die USA in den Einsatz einbringen. Das ist strategischer Lufttransport, Spezialkräfte und Luftfahrzeuge für Evakuierungs- und Notfalloperationen sowie Aufklärungsmittel. Ohne die kann kein anderes Land in Afghanistan operieren.

Doch Afghanistan braucht weiterhin die Hilfe der internationalen Staatengemeinschaft und vor allem der NATO. Wir haben schon sehr viel durch unseren Einsatz erreicht. So hat sich die Lage der Frauen und der ethnischen wie religiösen Minderheiten in den vergangenen Jahren dramatisch verbessert. Nie gingen so viele Kinder - Jungen wie Mädchen - zur Schule wie heute. Es haben mehrere Parlaments- und Präsidentschaftswahlen im Land stattgefunden, an denen sich Millionen Menschen beteiligt haben. Und nicht zuletzt hat sich auch in Teilen die Wirtschaft trotz aller Anschläge und Kämpfe entwickelt. Ein übereilter Abzug der internationalen Truppen droht alle diese Erfolge zu gefährden. Deswegen wollen wir, dass die NATO sich weiter in Afghanistan engagiert. Und wir wollen, dass die Bundeswehr dazu weiterhin einen wichtigen Beitrag leistet.

Wie groß ist die Chance, dass Afghanistan von einer Vereinbarung mit den Taliban befriedet wird?

Das hängt von den Details der Vereinbarung ab. Die afghanische Regierung muss in die Verhandlungen zwischen den USA und den Taliban miteinbezogen werden. Ein konstruktives Verhalten von Anrainerstaaten wie Pakistan oder Iran ist ebenfalls notwendig. Entscheidend ist, dass das Gewaltmonopol bei der afghanischen Regierung liegt, um Recht und Ordnung durchzusetzen. Wir werden unsere Sicherheit auch weiterhin am Hindukusch verteidigen. Das Land darf nicht wieder komplett in die Hand der Taliban fallen. Sonst entsteht erneut ein Herd für internationalen Terrorismus.

Wenn die Taliban zum Frieden beitragen wollen, müssen sie Kompromisse machen. Sie können nicht allein regieren, sondern sind auf Partner und auf humanitäre Hilfe angewiesen. Dafür müssen Frauen- und Menschenrechte geachtet werden. Das gilt auch für die Verbesserung staatlicher Dienstleistungen. Das alles muss die Vereinbarung erfüllen, um Aussichten auf Frieden zu schaffen.