Skip to main content
(Quelle: Tobias Koch)

Krichbaum: Europa muss einig auftreten

  • Gunther Krichbaum zur Europa-Debatte des Bundestages 
  • Konferenz zur Zukunft Europas hätte breitere Öffentlichkeit verdient
  • Stabilitäts- und Wachstumspakt dient der Generationengerechtigkeit

Wie soll die Europäische Union der Zukunft aussehen? Darüber debattiert am Donnerstag der Bundestag. Mit dieser Frage beschäftigt sich seit Mai 2021 auch die „Konferenz zur Zukunft Europas“, die aus 433 Mitgliedern besteht - aus Vertretern des Europaparlaments und der nationalen Parlamente, aus Regierungsvertretern, der EU-Kommission und ausgewählten Bürgern. Einer von zwei Vertretern des Bundestages in dieser Konferenz ist der europapolitische Sprecher der CDU/CSU-Fraktion, Gunther Krichbaum

Herr Krichbaum, ist die Europäische Union den Herausforderungen der Gegenwart noch gewachsen?

Krichbaum: Es war überfällig, dass wir gemeinsam mit den Bürgerinnen und Bürgern darüber diskutieren, in welcher Europäischen Union wir künftig leben wollen. Deshalb hätte die Konferenz auch eine breitere Öffentlichkeit verdient. Im Kern geht es für uns Europäer darum, ob und wie wir gegen die ständig wachsende Konkurrenz Chinas bestehen können. China unterdrückt nicht nur seine eigene Bevölkerung, es setzt seine internationalen Interessen oft mit brutaler Machtpolitik durch. Davon können viele Länder in Asien und Afrika ein Lied singen, die dank chinesischer „Hilfe“ hochverschuldet sind und ihre Infrastruktur an Peking verpfänden müssen. Und China beginnt auch, nach Europa zu greifen. Hier müssen wir sehr aufpassen.

„Mehrheitsentscheidungen kein Allheilmittel“

Welche Veränderungen sind dringend notwendig, damit die EU handlungsfähig ist und auf Augenhöhe mit den Großmächten agieren kann?

Krichbaum: Wenn Europa auf Augenhöhe agieren will, muss es einig auftreten. Alles andere führt dazu, dass wir ausgespielt werden. Häufig wird die Einführung des Mehrheitsprinzips auch für die Außenpolitik als Allheilmittel hierfür angesehen. Ich bin da eher zurückhaltend, denn letztlich müssen alle 27 souveränen EU-Staaten diese Entscheidungen auch mittragen. Mehrheitsentscheidungen können auch Spannungen zwischen den Mitgliedern erhöhen. Deshalb sollten wir klug ausloten, in welchen Bereichen der Außenpolitik Mehrheitsentscheidungen zu mehr Handlungsfähigkeit führen können.

Stabilitätspakt erhalten 

Auch die Euro-Zone ist reformbedürftig. Hat der Stabilitäts- und Wachstumspakt mit seinen Schuldengrenzen ausgedient?

Krichbaum: Ganz sicher nicht, denn der Stabilitäts- und Wachstumspakt wurde damals von Helmut Kohl durchgesetzt, um Vertrauen für den Euro zu gewinnen. Dieses Ziel ist heute nach wie vor hochaktuell. Das Problem ist ja gar nicht der Pakt, sondern der Umgang der Staaten mit ihm. Gerhard Schröder und Jaques Chirac hatten gleich nach seiner Einführung gezeigt, dass Verstöße ohne echte Konsequenzen bleiben. Das war fatal. Wir müssen jetzt sehr hellhörig werden, wenn links-gelb überlegt, bestimmte Zukunftsinvestitionen von den Regeln des Stabilitätspakts auszunehmen. Das wäre tatsächlich sein Ende und hätte ganz sicher einen weiteren massiven Ausbau der Staatsverschuldung in der EU zur Folge. Das wäre ein schwerer Schlag gegen die Generationengerechtigkeit. Es wird aber nicht leicht, das zu verhindern, denn in den fünf größten EU-Staaten sind die Parteien der Europäischen Volkspartei nicht an der Regierung beteiligt.